21.02.2022 - 9.11 Wahlwerbung limitieren
Grunddaten
- TOP:
- Ö 9.11
- Zusätze:
- Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD-Fraktion, Fraktion DIE LINKE und PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ neue Version am 15.02.2022
- Gremium:
- Bürgerschaft (BS)
- Datum:
- Mo, 21.02.2022
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 18:00
- Anlass:
- Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage der Politik (ö)
- Federführend:
- Politik
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Wortprotokoll
Der Präsident der Bürgerschaft ruft den Tagesordnungspunkt auf.
Es erfolgt eine gemeinsame Aussprache der TOPs 9.11 und 9.12.
Herr König bringt die Beschlussvorlage „Wahlwerbung limitieren“ (BV-P-ö/07/0177-02) ein.
Herr Gabel
. bringt die Beschlussvorlage „Wahlwerbung ja - aber maßvoll und ökologisch“ (BV-P-ö/07/0181-01) ein.
. zieht den Änderungsantrag „Änderungsantrag Wahlwerbung limitieren Antrag zur Vorlage BV-P-ö/07/0177“ (BV-P-ö/07/0177-01) zurück.
Frau Prof. Dr. Tolani
. sagt, dass die Wahlplakate für eine große Mehrheit der Menschen wichtig seien - zur politischen Willensbildung, als Information über Themen und Kandidat*innen, als auch schlicht als Hinweis darauf, dass eine Wahl stattfinde. Eine solch erhebliche Einschränkung, wie sie hier vorgeschlagen werde, laufe auf eine Beschränkung des Wahlrechts hinaus. Das Wahlrecht umfasse schließlich auch die Möglichkeit der Information des Wählenden.
. warnt vor einer solchen Beschränkung.
Grundsätzlich sollte in einer Demokratie der staatliche Einfluss auf den Wahlkampf so gering wie möglich ausfallen. Hinsichtlich der Wahlwerbung könnten selbstverständlich Einschränkungen im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit oder im Interesse des Denkmalschutzes erfolgen. Der heute vorliegende Vorschlag schränke Wahlwerbung jedoch in unzulässiger Weise ein.
. fragt, wie die Einbringer sich die Umsetzung des Punktes 1 vorstellen. Große Parteien, mit vielen Wahlhelfer*innen würden profitieren, hingegen kleine Parteien und Einzelbewerber*innen strukturell benachteiligt werden.
Zudem fördere das vorgeschlagene Verfahren Vandalismus, indem Plakate abgerissen werden, um sein eigenes als Drittes anzubringen.
Zu Punkt 4 sei zu sagen, dass es einen verwaltungsrechtlich Bestimmtheitsgrundsatz gebe. Eine Beschreibung müsse hier rechtssicher sein, das bedeute, dass das Gebiet eindeutig identifizierbar sein müsse.
Das Vorgeschlagene sei der Meinung der CDU-Fraktion nach verwaltungstechnischen praktisch nicht umsetzbar. Es bewirke Ungerechtigkeiten sowie Zufallsergebnisse und diese Vorlage begegne demokratietechnischen und verfassungsrechtlichen Bedenken.
Herr Prof. Dr. Stamm-Kuhlmann
. sagt, dass jedes Mitglied der Bürgerschaft die Gegebenheiten des Wahlkampfes in Greifswald bereits kennengelernt habe. Wenn die daher bekannten Missstände eingedämmt werden, geschiehe der Demokratie kein Abbruch. Die Demokratie erfordere, dass alle Kandidat*innen die Chance hätten, auf sich hinzuweisen und ihre Anliegen bekannt zu machen. Alle Restriktionen, die die Chancengleichheit behindern, seien abzulehnen. Wer jedoch seine Werbung verdoppele, habe nicht mehr die Absicht auf sich aufmerksam zu machen, sondern wolle schlichtweg überwältigen. Ebenso sei eine Verkürzung der Werbewochen, die alle gleichermaßen treffe, kein Eingriff in die Chancengleichheit.
Der von Frau Prof. Dr. Tolani angesprochene Punkt 4 sei als Prüfauftrag formuliert, sodass die Verwaltung der Politik an die Hand geben könne, wie man die Bereiche widerspruchsfrei und eindeutig markiere.
Herr Alexander Krüger
. bestätigt, dass es sich bei Punkt 4 der Beschlussvorlage um einen Prüfauftrag handele. Hinsichtlich der Chancengleichheit hätten kleinere Parteien bereits jetzt Schwierigkeiten, rechtzeitig zu plakatieren. Durch die Beschlussvorlage ergebe sich die Möglichkeit, dass jede*r Kandidat*in Platz für seine Plakate an den Laternen finde.
Herr Dr. Meyer
. sagt, dass beispielsweise bei der Wahl des Oberbürgermeisters unterschiedliche Parteien einen Kandidaten unterstützen würden. Handele es sich hierbei um unterschiedliche Wahlvorschlagsträger*innen, sodass an einem Fahnenmast mehrmals das gleiche Plakat einer*s Kandidat*in (je Partei ein Plakat) platziert werden könne?
. stellt den Geschäftsordnungsantrag, die Beschlussvorlage in die Fachausschüsse zu verweisen.
Herr von Malottki
. teilt mit, dass der Wettbewerb durch die Beschlussvorlage nicht eingeschränkt, sondern geregelt und in gute Bahnen gelenkt werden solle.
. geht nicht von Vandalismus aus, denn dies wäre eine Straftat.
. vermutet, dass es für die Verwaltung keinen enormen zusätzlichen Kontrollaufwand geben werde, da die Parteien untereinander darauf achten werden, was die jeweils andere Partei unternehme. Die Einhaltung der Regeln werde dementsprechend durch die Öffentlichkeit und die Mitstreiter*innen gewährleistet.
Herr Rappen
. geht auf die bisherigen Redebeiträge ein und sagt, dass die Beschlussvorlage, so wie sie derzeit vorliege, nicht umsetzbar sei.
Herr König
. beantwortet die Frage, wie damit umgegangen werde, wenn zwei Parteien behaupten, sie hätten jeweils das dritte Plakat an einem Laternenmast angebracht. Man könne sich im Wesentlichen im Streitfall – ggf. auch auf Geschäftsführer*innenebene – austauschen und nachvollziehen, wer das erste Foto eingereicht habe.
Seine Erfahrung sei jedoch, dass die meisten Kandidat*innen im Wahlkampf im Umgang miteinander fair seien.
Herr Prof. Dr. Hardtke
. versteht den Hintergrund der Beschlussvorlage und befürwortet die Eindämmung der Wahlwerbung. Aber in der Form, wie die Beschlussvorlage vorliege, könne sie nicht beschlossen werden. Was beinhalte beispielsweise der Begriff „Wahlvorschlagsträger*in“? Sei damit die Partei oder Wählergemeinschaft gemeint, die einen Wahlvorschlag trage? Im Falle einer Kommunalwahl hieße dies dann, dass die Parteien bei mehreren Kandidat*innen dennoch nur ein Plakat pro Laterne anhängen dürfe oder beziehe sich dies auf den einzelnen Kandidaten/die einzelne Kandidatin?
. bekräftigt aufgrund der ungeklärten Fragen den Antrag von Herrn Dr. Meyer, die Beschlussvorlage noch einmal in den Fachausschüssen zu beraten.
Der Oberbürgermeister
. erklärt, dass in Greifswald eine sehr hohe Dichte an Wahlmaterial zu beobachten sei.
. pflichtet Frau Prof. Dr. Tolani bei, dass eine Wahl dazu diene, die Menschen darauf aufmerksam zu machen. Allerdings sei hierfür eine festgelegte Begrenzung sinnvoll.
Bei der Beschlussvorlage handele es sich um einen politischen Auftrag an die Verwaltung, die den rechtlichen Rahmen prüfen und vorgeben müsse.
Herr Gabel
. geht auf den Begriff „Wahlvorschlagsträger*in“ ein und sagt, dass der Begriff aus dem Wahlrecht entnommen worden sei. Auf dem Formular, welches man als Kandidat einreiche, könnten mehrere Parteien als Wahlvorschlagsträgerbeteiligte genannt werden. Insgesamt handele es sich jedoch um eine*n Wahlvorschlagsträger*in.
Frau Jeske
. informiert, dass im Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus, Digitalisierung und öffentliche Ordnung konstruktiv über das Thema diskutiert worden sei und diesbezüglich gemeinsam mit der Verwaltung ein Konzept erstellt werden sollte.
. fragt, ob dies erfolgt sei.
Der Präsident der Bürgerschaft lässt über die Zurückverweisung der Beschlussvorlage in die Fachausschüsse abstimmen:
Ja-Stimmen |
Nein-Stimmen |
Enthaltungen |
16 |
20 |
0 |
Der Präsident der Bürgerschaft lässt über die Beschlussvorlage abstimmen.
Beschluss:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, folgende Limitierungen für die Wahlwerbung politischer Parteien, Wählergemeinschaften und EinzelbewerberInnen in die entsprechenden Satzungen einzuarbeiten und der Bürgerschaft zur Beschlussfassung vorzulegen (Beschlusskontrolle 1. Quartal 2023).
- Pro Lichtmast sollen maximal drei Doppelplakate erlaubt sein. Jede Wahlvorschlagsträgerin darf nur ein Doppelplakat pro Lichtmast anbringen.
- Eine Wahlvorschlagsträgerin darf nicht zwei aufeinanderfolgende Lichtmasten einer Straßenrichtung plakatieren.
- Wahlplakate dürfen maximal im Format DIN A1 an Lichtmasten angebracht werden.
- Zu prüfen ist, ob am Museumshafen, im Stadtpark sowie in Wieck und Eldena (Klosterruine) die Plakatierung untersagt werden kann. Wenn ja, sind diese Verbote in die Satzungen aufzunehmen.
- Der zur Plakatierung gewährte Zeitraum wird auf 6 Wochen vor und 2 Wochen nach der Wahl reduziert.
- Bisherige Regeln und Beschränkungen bleiben erhalten, sofern durch Punkt 1-5 keine Veränderung beschlossen wird.