17.10.2022 - 9.1.1 Abberufung Mitglied OTV Schönwalde I/ Südstadt

Beschluss:
abgelehnt
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Wortprotokoll

Der Präsident der Bürgerschaft:

„Unter 9.1.1 geht es um die Abberufung Mitglied der Ortsteilvertretung Schönwalde I/Südstadt. Dazu erfrage ich vom Einbringer, gibt es da noch eine Einbringung? Nicht, dann hat Herr Dr. Meyer sich gemeldet. Bitte, Sie haben das Wort.“

 

Herr Dr. Meyer:

„Herr Präsident, Herr Oberbürgermeister, verehrte Mitglieder der Bürgerschaft, es fällt mir schwer zu diesem Antrag heute hier was zu sagen, weil ich ziemlich betroffen bin, von der ganzen Sache. Zunächst zu Formalien: Wir fordern nach § 32 Abs. 1 und 3 eine geheime Abwahl. Das ist in der Kommunalverfassung festgelegt - … sowie ein Mitglied das fordert… - wir fordern das für unsere gesamte Fraktion. Zur Sache jetzt: Es… die meisten von Ihnen kennen Peter Multhauf - ‘ne ganze Reihe von Leuten. Seit über 30 Jahren war er ja Mitglied in der Bürgerschaft hier in Greifswald. Er war immer ein streitbarer in unserer Reihe. Er hat natürlich auch öfter mal über die Stränge geschlagen. Er war sehr engagiert. Er ist ja, wenn Sie so wollen, der Vater auch dieser Ortsteilvertretung dort in der Südstadt/Schönwalde I. Er hat dort Erhebliches geleistet. Das ist nicht zu bestreiten. Er ist mit seinen Worten oft deftig geworden. Er hat auch schon mal den Oberbürgermeister König… als… nach einer Wahl mal ernsthaft beleidigt – ungefähr mit den Worten, dass er als Tiger gestartet ist, als Badvorleger gelandet, aber eher denn die Staubmilbe im Badvorleger war. Damals hat keiner etwas gesagt. Da haben die Linken verschmitzt weggeguckt und haben gesagt, das war immer ihre Waffe; das war alles in Ordnung. Jetzt auf einmal dreht sich die ganze Sache um, weil er mit deftigen Worten zu Ibrahim mal was gesagt hat. Und ich frage mich, warum sind die beiden, als Männer, nicht in der Lage, das unter sich auszutragen. Das wir jetzt hier diese Sache tragen müssen. Also möglicherweise sollte das auch auf diese Weise gemacht werden. Was mich aber noch viel mehr stört, ist, es ist nach dieser etwas Eklat-mäßigen letzten Sitzung anberaumt worden, dass der Präsident der Bürgerschaft, der Oberbürgermeister mit der gesamten OTV Gespräche führt. Aus Krankheitsgründen ist es nicht dazu gekommen; das muss man akzeptieren. Dann denke ich, sollte man doch erst so ein Gespräch nachholen oder ein Gespräch zwischen dem Präsidenten der Bürgerschaft und Ibrahim und Peter Multhauf. Solange das nicht passiert, ist mir dieser Antrag eigentlich nicht klar. Es soll jetzt hier einfach mit den Stimmen – und zwar 22, brauchen wir ja, das wissen wir ja – diese Abwahl von Peter Multhauf erfolgen und das kann ich so nicht akzeptieren. Wenn es diesen Abwahl-Antrag gibt, nach Gesprächen, die gelaufen sind, dann denke ich, können wir auch sagen, dieser Antrag ist akzeptabel und wir müssen darüber abstimmen. Vielen Dank.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank, Herr Meyer. Jetzt hatte sich Frau Wisnewski schriftlich zu Wort gemeldet und dann kommen die nächsten.“

 

Frau Wisnewski:

„Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe tatsächlich nicht ganz, warum wir als Bürgerschaft ein Antirassismuskonzept im Sport beschließen und uns danach selber nicht daran halten. Ich verstehe auch nicht, wie dieser Diskurs überhaupt zu Stande kommt. Jemand fühlt sich rassistisch beleidigt und dann wird von anderen gesagt: ‚Ja, das sehe ich aber anders.‘ Seit wann ist es denn der Fall, dass Ausstehende oder gar der der die Beleidigung fällt, darüber entscheiden darf, wie sie beim Betroffenen ankommt. Das verstehe ich einfach nicht. Außerdem ist das nur ein Argument für diesen Abwahlantrag. Ich sitze in dieser Ortsteilvertretung und ich kann sagen, das ist nicht einfach. Das ist auch nicht für die Bürgerinnen und Bürger, die dort immer wieder hinkommen einfach, weil dort wird beleidigt, dort wird geschrien. Und ich möchte mir nicht in meinem Ehrenamt auf jeder Sitzung dieses Geschreie antun. Also ich kann es bis zu einem gewissen Punkt natürlich immer nachvollziehen und es ist alles auch immer mal berechtigt, aber nicht mehr in dieser Art und Weise. Ich glaube nicht, dass irgendwer hier in diesem Raum sitzt und sich … gern zu dieser Sitzung gehen würde. Es ist einfach kein Arbeiten mehr möglich. Und dafür sind diese Gremien da. Wir wollen dort konstruktiv arbeiten. Das ist nicht möglich, wenn wir die ganze Zeit … wenn wütende Bürgerinnen und Bürger herkommen, uns ihre Bedenken vortragen und dann sitzt einer in unseren Reihen und sagt zu uns: ‚Die lügen euch an. Die lügen euch Bürger an und wollen nur das Schlechteste für euch.‘ Wie sollen wir so arbeiten? Wie sollen wir so in einen Diskurs treten? Und ich glaube, wir sind hier alle einer Meinung, dass wir diesen Diskurs am Leben erhalten sollen und es keine Arbeitsgrundlage ist, wenn wir uns gegenseitig einfach beleidigen und anschreien und der Lüge bezichtigen. Und deswegen, aus diesen Gründen, möchte ich, dass wir heute diese Abwahl treffen. Vielen Dank.

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Ja vielen Dank, Frau Wisnewski. Dann ist jetzt Herr Dr. Kerath dran.“

 

Herr Dr. Kerath:

„Herr Präsident, Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich … es war zu dieser Beschlussvorlage ja alles schon gesagt und geschrieben. Deswegen wollte ich … hielt ich eine weitere Einbringung nicht für nötig. Nur ich will Ihre Worte, Herr Kollege Meyer, hier nicht so stehen lassen. Die Arbeit in dieser Ortsteilvertretung – Frau Wisnewski hat es hier sehr eindrücklich geschildert – war von Anfang schwierig… war sehr Problem belastet. Ich weiß nicht, ob es von Anfang an eigentlich eine gute Idee war, insbesondere von Ihrer Fraktion, Herrn Multhauf dahin zu wählen. Über die Beweggründe, die Sie damals dazu bewogen haben, kann man trefflich spekulieren. Ich tue das an dieser Stelle ausdrücklich nicht. Jedenfalls war es von Anfang an schwierig und es hat … es wurde immer schwieriger und es hat dann in der vorletzten Sitzung einfach ein Maß angenommen, was für die Menschen und die Mitglieder in der Ortsteilvertretung und die Besucher einfach nicht mehr akzeptabel war. Ich hätte… es gab im Vorfeld Gespräche. Es gab im Vorfeld ganz klare Signale. Ich hätte mich auch … ich hätte auch persönlich gedacht, es wäre einfach aus seiner Sicht vernünftig und richtig gewesen, dass er die Konsequenzen zieht. Es hätte nicht dazu kommen müssen, diesen Abwahlantrag zu stellen. Ich hatte darum gebeten, das im Vorfeld – ich sag jetzt mal einfach untechnisch – ‚geräuschlos‘ zu beerdigen. Dazu war keine Bereitschaft und deswegen muss es dann zu diesem Abwahlantrag kommen. Dass der Oberbürgermeister trotzdem zum Gespräch eingeladen hat, damit auch für die Zukunft mit den dann neu zu wählenden Vertreter ein gedeihliches Zusammenarbeiten möglich ist, halte ich für einen vernünftigen und richtigen Weg. Und ich hoffe mal, dass der ohne Herrn Multhauf gehen wird – in Zukunft.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank, Herr Dr. Kerath. Jetzt ist Herr Ziola dran.“

 

Herr Ziola:

„Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle kennen Peter Multhauf als streitbaren und manchmal auch etwas über die Stränge schlagenden Kommunalpolitiker – ein Urgestein der Kommunalpolitik. Herrn Dr. Meyer möchte ich in vielen Punkten zustimmen. Ich glaube, wir haben auch alle mal einen Fehler gemacht. Wir haben alle mal etwas über die Stränge geschlagen; haben uns entschuldigt dafür und dann war das auch damit getan. Und ich glaube auch Herr Multhauf würde sich entschuldigen. Aber eines möchte ich nicht stehen lassen: Herr Multhauf ist kein Rassist. Im Gegenteil: 2015 war er einer derjenigen mit, die Flüchtlinge begrüßt haben, Unterkünfte, Verpflegung. Also ein Rassist ist Herr Multhauf garantiert nicht. Ich glaube, wir sollten dieses Gespräch nachholen, Herr Oberbürgermeister. Nochmal mit allen Beteiligten reden. Und ich bin der Überzeugung, dass Herr Multhauf sich auch entschuldigen wird dafür für seine Äußerung. Denn so kann man mit Kommunalpolitikern, die Jahre lang für die Ortsteilvertretung gekämpft haben und auch hier in der Bürgerschaft, nicht umgehen und einfach den Stuhl vor die Tür setzen. Danke.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank, Herr Ziola. Jetzt ist Frau Wuschek dran.“

 

Frau Wuschek:

„Werte Bürgerschaftsmitglieder, liebes Präsidium, werter Oberbürgermeister, ich muss ehrlich sagen, eigentlich hatte ich gar nicht vor, zu diesem Thema groß was zu sagen. Aber… vielen herzlichen Dank für den Zwischenbeitrag… aber ich möchte auf dem Weg trotzdem zwei, drei Anregungen mitgeben. Und das auch ganz sicher nicht, weil Peter Multhauf mich im Wahlkampf unterstützt hat, denn auch ich hab‘ Diskussionen und diverse Meinungsverschiedenheiten mit ihm gehabt. Mir geht’s ausschließlich um die Verfahrensweise und da muss ich Herrn Meyer wirklich recht geben. Es ist hier ein Zwiespalt zwischen zwei Personen. So soll jetzt tatsächlich aber Aufgabe der Bürgerschaft sein, dass wir für eine der beiden Personen irgendwie Partei ergreifen. Wir sind alles samt, oder die meisten von uns, die hier anwesend sind, waren nicht in den Sitzungen. Wir haben sie nicht erlebt. Wir können uns gar kein Urteil anmaßen. Und ich finde das sehr wagemutig, so einen Antrag in dem Augenblick zu stellen und uns als Bürgerschaftsmitglieder im Prinzip mehr oder weniger als Streitschlichter zu nutzen. Nichts anderes fühle ich dabei. Zu Peter: Man kann zu Peter sicherlich auch geteilter Meinung sein. Denn einfach ist Peter mit Sicherheit nicht. Aber, wenn ich jetzt so in die Runde gucke, jetzt mal ganz ehrlich, wer ist von uns einfach? Keiner, glaube ich. Aber genauso wenig fällt mir hier auch kaum einer auf, der in den letzten 30 Jahren so viel für unsere Stadt und unsere Bürger sich eingesetzt hat, wie Peter Multhauf. Und das glaube ich, dürfte unumstritten sein. Er war immer einer der bestvorbereitesten Mitglieder der Bürgerschaft, der Ortsteilvertretung, hat die Ortsteilvertretung geleitet und hat so viel für unsere Stadt getan, wie kaum ein anderer, der hier ist. Und ich denke, klar, er hat die Formulierung vielleicht unglücklich formuliert. Ibrahim, ich sag‘s jetzt auch mal ganz ehrlich, natürlich ist dein Deutsch nicht so, wie bei anderen. Das finde ich aber auch nicht schlimm. Das ist normal. Ich meine, mein Englisch ist ganz schlecht. Wenn ein Engländer zu mir sagt: ‚Sie sprechen schlechtes Englisch‘, – ja, das stimmt – dann würde ich aber zum Beispiel sagen: ‚Na, dann zeig es mir doch‘, ‚Bring es mir doch bei‘. Und ich finde, dieser Weg wäre ein gangbarer Weg gewesen. Genauso der Weg aus den Erfahrungen von Peter, die er in den ganzen Jahren gesammelt hat, einfach zu profitieren und da zusammenzuarbeiten – gemeinsam. Und nicht einen Antrag zu stellen und uns jetzt hier in so eine Verantwortungsschublade zu schieben, dass wir einen Streit, der zwischen euch ist, irgendwie schlichten sollen. Das kann ich nicht gut heißen und da muss ich mich Herrn Meyer auch anschließen. Wir waren weder dabei. Und jeder der heute ein Urteil fällt, egal in welche Richtung, der fällt es im Prinzip ins Blaue hinein, weil alle nicht dabei waren. Ich würde es gut finden, Ibrahim, wenn ihr den Weg zueinander findet, wenn ihr die Sache ausräumt und wenn die SPD nochmal in sich geht und möglicherweise den Antrag doch zurücknimmt und die Sache intern löst. Dankeschön.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank, Frau Wuschek. Herr Hochschild bitte.“

 

Herr Hochschild:

„Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kenne Peter Multhauf seit 31 Jahren. Seit 31 Jahren sitzen wir oder saßen wir zusammen in dieser Bürgerschaft. Die letzten Jahre nicht mehr. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, man kann Peter Multhauf sicherlich das eine oder andere vorwerfen. Aber auf keinen Fall Rassismus. Und dieser Vorwurf ist ja auch durch nichts, durch nichts belegt. Also hier wird jemand an einen Pranger gestellt – als Rassist. Also tut mir leid, ich habe nicht in der Vorlage erkannt, wo erkennbar ist, dass Peter Multhauf ein Rassist ist. Und so habe ich ihn die 31 Jahre auch nicht kennengelernt. Er war immer schwierig; er war nicht einfach und ich glaube, gerade wir beide hatten immer einen besonderen Disput und waren bestimmt keine Freunde. Aber er war niemals ein Rassist. Und insofern würde ich doch bitten, dass Sie Ihre Vorlage zurückziehen und versuchen, das in den bürgerschaftlichen Gremien zu klären und nicht hier jetzt so ad hoc per Beschluss. Danke.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank, Herr Hochschild. Herr Alexander Krüger.“

 

Herr Alexander Krüger:

„Ja, werter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung und Gäste, drei, vier Anmerkungen möchte ich gerne loswerden zum Thema. Ich habe nirgendswo in der Vorlage was von Rassismusvorwurf gelesen. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, Herr Hochschild. Also in der Vorlage steht‘s zumindestens nicht. Ein weiterer Punkt ist, den ich hier anbringen möchte, ich freue mich, dass Frau Wuschek ihr Mandat dann endlich auch mal wieder ausübt in diesem hohen Hause. Schön, herzlich willkommen, dass Sie wieder da sind. Es war ja die letzten zwei Jahre sehr spärlich, Sie hier zu sehen… Ob das eine Frechheit ist, das weiß ich nicht. Diese Reinrufe sind genauso nett gemeint, Herr Rappen, ne. Also ganz ehrlich, überlegen Sie mal, wie wir hier miteinander umgehen…. Ich habe auch noch nie jemanden als Arschloch tituliert. Das war in der Zeitung ja auch zu lesen, was da für Worte fallen. Und die nächste Frage, die ich hier stelle; Sie drehen hier meiner Meinung nach die Täter-Opfer-Rolle ein bisschen um. Ja, das ist ja nun auch nicht gerade die feine englische Art. Denn wir müssen ja darüber reden, wer in dieser OTV schon länger dabei war. Und meine Fraktionskolleg*innen berichten mir seit dieser Wahlperiode, dass es nur noch Probleme gibt in dieser OTV. Und das wissen alle. Und Herr Meyer, ich weiß nicht, ob Sie mit Ihrer Fraktion nicht sprechen. Aber wir haben im August darüber gesprochen, erstmals. Und ich hatte, ich glaube im Juni, schon einmal angeregt, Sie müssten mal reden mit Herrn Multhauf. Also, dass es nicht diesen Weg gab, wir sprechen mal miteinander und versuchen das zusammen. Das war auch mein Antrag, der gesagt hat: Herr Liskow, gehen Sie bitte dorthin und klären diese Sache. Weil das ist nicht gangbar, so wie wir es machen. Und hier heute zu stehen und zu sagen, das ist alles nicht so gewesen oder zumindest dieses Bild zu zeigen, ist völlig falsch – der völlig falsche Ansatz. Das muss man ganz klar so sagen. Dieser Vorlage, die die SPD jetzt geschrieben hat, sind viele Bausteine vorangegangen. Das müssen wir ehrlicherweise hier mit auf den Tisch packen. Das gehört dazu. Und die nächste Frage… die nächste Frage… ja, das ist ja schön, dass sie geführt sind. Aber sie führten ja zu nichts; zu keiner Veränderung; zu keiner Wesensveränderung; nicht mal, dass Herr Multhauf gesagt hat, ich entschuldige mich. Wo ist denn Herr Multhauf heute Abend hier? Ich kenne Peter auch schon lange. Sicherlich ist er streitbar. Aber ich glaube, hier hat er den Bogen überspannt. Hier ist der Bogen überspannt worden. Hier sind Menschen verletzt worden. Und da ist es dann unsere Aufgabe auch darüber zu reden und auch dann eine Entscheidung zu treffen. Ganz ehrlich, das ist so. Danke.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Ja, vielen Dank, Herr Krüger. Jetzt ist Herr Liedtke.“

 

Herr Liedtke:

„Herr Präsident, Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Saal und auch im Livestream, es ist schon viel gesagt worden. Aber eine Sache ärgert mich ein bisschen. Und zwar der Peter Multhauf ist Träger einer Ehrenauszeichnung dieser Hansestadt – des Silbernen Greifen. Er hat über 30 Jahre – wie es mein Fraktionsvorsitzender hier gesagt hat – hervorragende Arbeit geleistet. Nicht nur hier in der Bürgerschaft, sondern vor allen Dingen auch in seiner Ortsteilvertretung. Und das was mich wirklich ärgert ist: Wir haben hier Vertreter der Linken. Für die hat er 30 Jahre lang den Kopf hingehalten. Hat 30 Jahre lang dort auch seine Statements abgegeben. Und viele, auch von Ihnen, haben sich hinter Peter Multhauf versteckt. Und heute ist nicht einer dabei, der für Herrn Multhauf mal den Mund aufmacht. Das ist wirklich, wirklich, ganz, ganz negativ. Herr Krüger, und eine Sache glaube ich, haben Sie verwechselt. Wenn hier ein Bürgerschaftsmitglied heute erscheint, aus welchen Gründen auch immer, dann glaube ich, haben Sie nicht das Recht, zu sagen unter welchen Bedingungen sie heute hier wieder bei uns ist – aus welchem Grunde auch immer. Das gehört sich nicht und das macht man nicht. Sie geben mir auch oft irgendwelche Hinweise, wenn ich etwas klarer einige Dinge ausdrücke. Nichtsdestotrotz, ich glaube, viele Hinweise sind schon gekommen und ich würde mich freuen, wenn zum Bespiel auch ein Statement von den Linken kommt. Denn nämlich eins ist Peter Multhauf nicht. Er ist kein Rassist.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank, Herr Liedtke. Frau Dr. Wölk.“

 

Frau Dr. Wölk:

„Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt sind hier schon einige Wortbeiträge gefallen und ich möchte für die SPD-Fraktion noch einmal, ja, erklären, warum wir die Vorlage nicht zurückziehen werden. Herr Krüger hat gerade schon darauf hingewiesen, dass die Arbeit in der Ortsteilvertretung sehr schwierig geworden ist; dass es mehrere Termine gegeben hat; mehrere Anläufe, um auf dieses Problem hinzuweisen und leider hat es nicht funktioniert, dass diese Probleme ausgeräumt wurden. Das ist ein Grund, warum wir diese Vorlage heute hier in die Bürgerschaft einbringen. Frau Wisnewski hat eben auch noch einmal geschildert, welche Probleme es gibt bei der Arbeit der Ortsteilvertretung. Es ist einfach nicht möglich, inhaltlich zu arbeiten, wenn ein Mitglied der Ortsteilvertretung regelmäßig querschießt. Und was damit dann eben auch noch einmal ganz deutlich gesagt werden muss, es geht hier nicht einfach nur um einen Streit zwischen zwei Mitgliedern der Ortsteilvertretung, sondern es geht um ein strukturelles Problem. Wenn es nicht möglich ist, in der Ortsteilvertretung richtig zu arbeiten, sich mit Argumenten auseinander zu setzen und dann eben auch gut miteinander umzugehen und Entscheidungen treffen zu können, dann müssen einfach Konsequenzen gezogen werden. Es gibt Protokolle zu der entsprechenden Ortsvertretungssitzung. Es gibt diverse Aussagen dazu, wie schwierig die Arbeit in der Ortsteilvertretung ist. Und wie gesagt, wir möchten, dass sich diese Situation jetzt ändert. Und lassen Sie mich ganz zum Schluss auch noch sagen: Es geht hier nicht um die Person von Herrn Multhauf und seine Verdienste an sich. Wir alle wissen, wie lange Herr Multhauf hier in der Bürgerschaft aktiv war, wie lange er sich für die Bürger in Greifswald … für die Bürgerinnen und Bürger in Greifswald eingesetzt hat. Es geht wirklich nicht darum, dies irgendwie in Abrede zu stellen. Aber die Arbeit in der Ortsteilvertretung muss weitergehen. Sie muss auch in gegenseitiger Wertschätzung möglich sein. Und das ist sie im Moment nicht mehr. Und deshalb halten wir an unserem Antrag fest. Vielen Dank.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Ja, vielen Dank, Frau Dr. Wölk. Herr Dr. Kasbohm.“

 

Herr Dr. Kasbohm:

„Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Liedtke, bevor Sie hier losgelegt haben, hatte ich mich schon gemeldet. War also umsonst. Peter Multhauf hat extrem große Verdienste im Sport in den 90ern und vielleicht noch größere Verdienste in der Entwicklung der Ortsteilvertretung Schönwalde I – unbestritten mit seinem vehementen Einsatz für den Ortsteil; mit seinem persönlichen Einsatz dazu, gar keine Frage. Dafür ist er ausgezeichnet worden durch das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und auch durch die Stadt mit dem Silbernen Greif. Und deswegen ist die Sache heute auch so doppelt schwierig, keine Frage. Was ich Ihnen aber sagen möchte: Wir haben uns jetzt versucht, an verschiedenen Stellen zu erzählen, wie wir als Linke oder sonst was zu Peter Multhauf verhalten sollten. Ich kann Ihnen nur sagen, ich habe einen Punkt vermisst in allen Punkten. Es geht nicht nur darum, Peter Multhauf zu schützen, sondern es geht auch darum, der der angegriffen wurde, den zu schützen – Herrn Al Najjar. Da kam überhaupt keine Bemerkung von Ihnen dazu. Und deswegen, so schwer es fällt, so emotional das ist, tut mir leid, auch ich werde heute dementsprechend abstimmen.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank, Herr Dr. Kasbohm. Herr Kramer bitte.“

 

Herr Kramer:

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren Bürgerschaftsmitglieder, ich bin erschüttert. Ich bin wirklich erschüttert. Also noch undemokratischer geht es gar nicht. Hier stehen Vorwürfe im Raum, aus denen wir, ich persönlich, aus der Lokalseite der OSTSEE-ZEITUNG erfahren habe; Diskussionen bei Facebook. Da gab es den Dringlichkeitsantrag in der vergangenen Bürgerschaftssitzung, der abgelehnt worden ist. Da stand nur im Raume: Es soll rassistische Vorwürfe von Herrn Multhauf gegenüber Herrn Al Najjar gegeben haben. Mehr an Informationen hatte ich zu dem damaligen Zeitpunkt nicht. Und die einzige Information, die ich habe, ist aus der OSTSEE-ZEITUNG. Und ich persönlich finde es auch schade, dass Herr Multhauf heute nicht hier ist. Aber was mich viel mehr trifft, bei dieser ganzen Diskussion ist, also die Beiträge des linken Flügels – so würde ich das mal bezeichnen. Eine Zusammenarbeit ist nicht möglich; eine Zusammenarbeit ist schwierig und deswegen muss ich ein Mitglied der OTV abwählen. Das ist ein Dammbruch der Demokratie, meine Damen und Herren. Wann wird denn der nächste abgewählt? Wenn Ihnen das Abstimmungsverhältnis nicht passt? Oder wenn die Nase nicht passt oder das Parteibuch nicht passt? Das geht doch so einfach nicht, meine Damen und Herren. Und hinzukommt zu guter Letzt, wir sind in einem Rechtsstaat. Und lieber Ibrahim, wenn du dich beleidigt gefühlt hast, frage ich dich: Hast du Anzeige erstattet? Wenn das der Fall ist, dann lass uns das Ergebnis dieser staatsanwaltschaftlichen Ermittlung abwarten und dann können wir gegebenenfalls als Bürgerschaft, wenn so ein Ergebnis vorliegt, eine Entscheidung treffen. Aber zum Stand jetzt, kann ich darüber keine Entscheidung treffen. Und so, wie das hier schon mehrfach anklang, wird uns als Bürgerschaft der schwarze Peter zugeschoben. Wir sollen hier eine Entscheidung treffen, nur weil der linke Flügel nicht bereit und nicht willens ist, eine demokratisch gefällte Entscheidung, die damals zu dieser Mitgliedschaft in der OTV geführt hat, weiterhin zu tragen. Dankeschön.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank, Herr Kramer. Jetzt habe ich noch Herrn König auf der Tagesordnung. Bürger können hier nicht reden, Herr Kroll.“

 

Herr König:

„Ich stoße hier in ein Horn, was Herr Kasbohm auch schon eröffnet hat. Mir geht es um das Thema Solidarität. Ich halte die meisten Menschen hier im Raum für Demokraten – also insbesondere unter den Bürgerschaftsmitgliedern. Bei manchen habe ich Angst, dass sie vielleicht uns von der Fahne gehen, bei manchen Themen. Und hier geht es nun darum, dass demokratische Spielregeln verletzt wurden – ganz offensichtlich. Und das auch nicht erst jetzt. Nicht erst in den letzten zwei Sitzungen der OTV. Ich war in der letzten Legislatur dort Mitglied. Da wurden demokratische Spielregeln auch schon dauerhaft verletzt. Und auch wenn man sich dagegen gewehrt hat, ist da leider nichts passiert. Und es war sehr schwierig. Und deswegen war es gut, dass Herr Multhauf jetzt nicht mehr Vorsitzender der OTV ist, sondern nur noch einfaches Mitglied. Aber offensichtlich ist auch das nicht mehr denkbar. Es geht jetzt aber um Solidarität. Es geht um Solidarität mit Ibrahim Al Najjar, der in der Vergangenheit vielfach beleidigt wurde, rassistisch beleidigt wurde. Ich erinnere mich an Hakenkreuze auf seinen Plakaten – damit hat Herr Multhauf nichts zu tun. Aber er ist ständig Opfer von solchen Anfeindungen. Und da ist es kein Wunder, dass er auch bei so ‘ner Bemerkungen – wie man sie übrigens leicht nachrühren kann. Man kann sich einfach informieren, was da gesagt wurde – dass er das so versteht. Ob das dann rassistisch ist oder nicht, kann sich jeder selbst ein Urteil bilden. Und auch wenn jemand rassistisch handelt, ist er nicht automatisch ein Rassist. Das ist ein Unterschied zwischen der Person und ihren Einstellungen und vielleicht einem Fehlverhalten im Einzelnen. Das ist nicht der Punkt. Es geht darum, was passiert ist und was danach vielleicht auch passiert ist. Und das ist halt auch kein gutes Zeichen. Und es ist von Frau Wisnewski, die jetzt Mitglied der Ortsteilvertretung ist, ganz deutlich geworden, dass es nicht so weitergeht. Und da bin ich auch solidarisch mit den Mitgliedern meiner Fraktion in dieser Ortsteilvertretung. Denn die müssen das auch alle aushalten. Und wir müssen uns jetzt entscheiden, mit wem sind wir jetzt vielleicht solidarisch. Sind wir jetzt solidarisch mit Peter Multhauf mit seiner langen politischen Vergangenheit oder mit denen, die sich hier sozusagen angegriffen sehen und das wahrscheinlich auch wurden. Und wollen wir den demokratischen Prozess schützen oder wollen wir es nicht machen. Und wenn Sie der Meinung sind, sie konnten sich darüber nicht neutral genug informieren oder die Informationen reichen Ihnen einfach nicht aus, dann haben Sie die Option sich zu enthalten. Das würde ich Ihnen dann an der Stelle nahelegen. Ansonsten noch zwei Bemerkungen: Wenn man behauptet, dass etwas gesagt wurde und dann dagegen argumentiert, obwohl das gar nicht gesagt wurde, dann ist das ein Strohmannargument. Das ist ein logischer Fehlschluss. Wenn man behauptet, dass wenn man das jetzt macht, dann kommt später wahrscheinlich irgendwas anderes schlimmes, dann nennt man das ein Darnbrauargument. Und das ist auch logisch nicht zulässig.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Ja, vielen Dank, Herr König. Die CDU hat keine Redezeit mehr. Deswegen kann ich auch keinen mehr aufrufen. Gibt es weitere Wortmeldungen? Sehe ich nicht. Dann kommen wir jetzt zur Wahl, die Herr Meyer hier beantragt hat. Dafür müssen wir ganz schnell noch ein Wahlkomitee gründen. Dafür brauchen wir drei Leute. Ich glaube, DIE LINKE hat Frau Duschek gemeldet, Herr Liedtke für die CDU und Sie, Frau Wisnewski, wollten noch. Dann macht Frau Wisnewski. Dann haben wir drei Leute oder möchte noch jemand weiteres?

Brauchen wir nicht. Und ich werde jetzt … dann müssen wir jetzt … müsst ihr euch schnell gründen. Die Wahlzettel sind vorbereitet worden. Dann müsst ihr jetzt eure Arbeit aufnehmen und hier vorkommen, Frau Duschek, Herr Liedtke. Wie bitte? Ja, lass ich nochmal… Entschuldigung… lass ich nochmal bestätigen. Wir haben jetzt die Wahlkommission hier benannt. Dann lasse ich jetzt nochmal darüber abstimmen, wer dafür ist, dass die drei Damen und Herren, die Wahlkommission sind, den bitte ich um das grüne Kartenzeichen. Gegenstimmen? Eine. Enthaltungen? 

 

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthaltungen

mehrheitlich

1

0

 

Bei keiner Enthaltung und einer Gegenstimme so beschlossen. Dann kommen wir jetzt zum Wahlakt. Ich lese die Namen vor und bei Frau Wisnewski bitte den Wahlzettel abholen.“

 

Die Mitglieder des Wahlvorstandes nehmen ihre Arbeit auf.

 

Der Präsident der Bürgerschaft ruft die Mitglieder der Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge zur Stimmabgabe in der Wahlkabine auf.

 

Präsident der Bürgerschaft:

„So meine sehr geehrten Damen und Herren, dann gebe ich jetzt das Stimmergebnis bekannt. Bedanke mich vorher nochmal bei der Stimmzählkommission.

 

Anzahl der abgegebenen Stimmen:

40

Anzahl der Ja-Stimmen:

21

Anzahl der Nein-Stimmen:

16

Anzahl der Enthaltungen:

03

 

Damit hat das Abwahlergebnis keine Mehrheit gefunden, weil 22 Mitglieder der Bürgerschaft ihn hätten abwählen müssen.

So, Herr Hochschild hat sich zu Wort gemeldet, nochmal.“

 

Herr Hochschild:

„Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, also ich bin froh, dass wir den schwarzen Peter wieder in das Lager zurückgegeben haben. Schwarzer Peter ist keine Anspielung auf den Namen Peter Multhauf. Aber das nur am Anfang. Ich möchte eigentlich mitteilen, dass ich hier eine große Diskrepanz in den Redebeiträgen der Bündnis-Grünen erkannt habe. Ich glaube das, was Frau Wisnewski am Anfang erklärt hat, in Sachen Rassismus, ist nicht identisch mit dem, was der Fraktionsvorsitzende Krüger erklärt hat, dass Rassismusvorwürfe sinngemäß nicht im Raum stehen. Deshalb beantrage ich für beide Dinge, jetzt schon mal vorgemerkt, ein… ein dementsprechendes Wortprotokoll. Vielen Dank.“

 

Präsident der Bürgerschaft:

„Vielen Dank. Wortprotokoll ist … im Grunde genommen liegt das Band vor und die Fraktionen müssen dann entsprechend das Wortprotokoll … oder wie wird es gemacht? Sie machen das Wortprotokoll… okay… für diesen Tagesordnungspunkt.“

 

Frau Wuschek verlässt die Sitzung der Bürgerschaft.

 

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Beschluss:

 

Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald beschließt, dass Herr Peter Multhauf nicht mehr Mitglied der OTV Schönwalde I/ Südstadt ist. 

 

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Abstimmungsergebnis:

 

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthaltungen

21

16

3