Informationsvorlage - BV-P-ö/07/0197-02

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Sachdarstellung

Stellungnahme der Abteilung Wirtschaft und Tourismus

 

Die genannte Beschlussvorlage hat u.a. zum Ziel, dass zukünftig Grundstücke in städtischem Eigentum grundsätzlich nicht mehr verkauft, sondern nur durch Vermietung, Verpachtung oder Erbbaurecht anderen zur Nutzung überlassen werden.

Beschleunigt durch Flächenmangel, hohe Grundstückspreise sowie fehlenden Wohnraum, insbesondere in Ballungszentren und Großstädten, ist das Thema Erbbaurecht in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt. In den Metropolen München und Frankfurt am Main vergibt die Kommune Gewerbeflächen nur noch im Erbbaurecht. Aufgrund des knappen Angebots an Gewerbeflächen haben aber dort Interessenten auch meist nicht die Möglichkeit, im Umland Alternativen zu finden.

 

Für die Abteilung Wirtschaft und Tourismus stellt sich die Frage, ob durch ein Verkaufsverbot potenzielle Investoren abgehalten werden, in Greifswald zu investieren und dadurch ein Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Städten und Standorten entsteht. Die Stadt steht insbesondere über das landeseigene Immobilienportal www.investguide-mv.de im direkten Wettbewerb mit anderen Standorten im Land und über die Landeswirtschaftsförderung und Germany Trade and Invest auch im internationalen Standortwettbewerb. Der mögliche Grundstückserwerb direkt von der der Kommune ist dabei ein nicht zu unterschätzender kommunizierter Standortvorteil, um die Aufmerksamkeit der Investoren auf den Standort zu lenken.

 

Der Kauf des Grundstücks ist aus Sicht eines Investors sinnvoll, bietet er doch eine langfristige Sicherheit für die gewerbliche Nutzung sowie eine Besicherungsgrundlage bei einer Finanzierung durch einen Finanzierungsgeber. Gerade für junge Unternehmen bzw. für Unternehmen mit einer eher niedrigeren Eigenkapitalquote ist dies ein wichtiger Punkt, überhaupt Investitionen durchführen zu können. Eine etwaige Wertsteigerung eines betrieblichen Grundstücks erhöht langfristig die Bonität und damit Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.

 

Grundsätzlich sind zwar auch im Erbbaurecht genutzte Immobilien besicherbar, es muss jedoch damit gerechnet werden, dass die Besonderheiten des Erbbaurechts einschränkend auf die Beleihbarkeit wirken. Der größte Vorteil des Erbbaurechts für Investoren ist eine geringe Kapitalbindung. Dieser Vorteil kommt jedoch nur zum Tragen, wenn die Grundstückspreise vergleichsweise hoch sind. Im Gegensatz zu Preisen für Wohnbauland sind die üblicherweise vom Gutachterausschuss ermittelten Preise für Greifswalder Gewerbeflächen in Gewerbegebieten im Korridor zwischen 20 und 30 Euro je m² als moderat anzusehen und stellen nur einen kleinen Teil einer Gesamtinvestition für einen Gewerbebetrieb dar. Die Stadt profitiert nicht unbedingt durch hohe Verkaufserlöse, jedoch durch zukünftige Gewerbesteuereinnahmen und steigende Kaufkraft durch neue Arbeitsplätze. Diese Effekte erhöhen wiederum die Wettbewerbsfähigkeit und ökonomische Resilienz des Standorts. Greifswalds Wirtschaft gilt aufgrund eines guten Branchenmixes als vergleichsweise krisenfest. Dies ist auch den in den letzten Jahren erfolgten Gewerbeansiedlungen und –erweiterungen über Grundstücksverkäufe zu verdanken.

Für gewerbliche Investoren in unserer Region sind Erbbaurechte nach wie vor die Ausnahme. In unserer Stadt vergeben die Pommersche Evangelische Kirche und die Universität Greifswald Grundstücke ausschließlich in Erbbaurecht. Deswegen sind städtische Vermittlungen an diese beiden Anbieter freier Grundstücke an Investoren selten erfolgreich gewesen, gerade in Bezug auf Investoren mit höherer Investitionssumme. Im Gewerbegebiet Helmshäger Berg sind nach unserer Beobachtung Flächen der Kirche in letzter Zeit eher an Gewerbetreibende mit geringem Investitionsvolumen vergeben worden, deren Ansiedlung eher geringe gesamtwirtschaftliche Effekte erwarten lassen.

 

Zur weiteren positiven Entwicklung ist Greifswald auf die Ansiedlung von neuen bzw. die Expansion bestehender Unternehmen mit voraussichtlich hohen gesamtwirtschaftlichen Effekten angewiesen. Jedem Investor wird es über die Wahlfreiheit zwischen Kauf und Erbpacht so leicht wie möglich gemacht, in Greifswald zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Dazu gehört im Regelfall der Verkauf eines Grundstücks. Selbstverständlich sind den Verkaufsempfehlungen der Abteilung Wirtschaft und Tourismus an das zuständige Immobilienverwaltungsamt Bewertungskriterien wie zu erwartende Arbeitsmarkteffekte, betriebswirtschaftliche und fiskalische Effekte, GRW-Förderfähigkeit und Nachhaltigkeitsaspekte zugrunde gelegt, um verantwortungsvoll mit den noch zu vergebenden Gewerbeflächen umzugehen. Ebenso werden Interessenten kommunaler Grundstücke die attraktiven Konditionen für Erbbaurecht angeboten. Sollte der Investor jedoch den Erwerb des Grundstücks bevorzugen, sollte dies ihm nicht verwehrt werden.

 

Obwohl zweifelsohne viele Argumente für den Standort Greifswald sprechen, kann der Punkt Flächenkauf von der Kommune, in Reflektion vieler in der Wirtschaftsförderung geführter Gespräche, der ausschlaggebende Punkt für oder gegen eine Investitionsentscheidung in Greifswald sein. Trotz Corona-Pandemie haben uns in den letzten beiden Jahren vermehrt Anfragen vor allem aus dem Bestand heraus erreicht. Selbst im letzterschlossenen Gewerbe- und Industriegebiet Herrenhufen Nord sind nur noch wenige Grundstücke verfügbar, so dass mittelfristig neue Gewerbeflächen im Stadtgebiet ausgewiesen werden müssen, um die positive wirtschaftliche Entwicklung der Stadt nicht zu bremsen.

 

Die Abteilung Wirtschaft und Tourismus plädiert dafür, in Abwägung aller Argumente, auch in Zukunft in den Gewerbegebieten neben der Erbbaupacht auch einen Grundstücksverkauf zu ermöglichen, um bedeutende wirtschaftliche Nachteile für die Stadt abzuwenden. Die Stadtverwaltung sichert für jeden Verkaufsfall eine strenge Einzelfallprüfung der Vor- und Nachteile hinsichtlich der städtischen Interessen zu. Diese Prüfung wird in den Beschlussvorlagen dokumentiert.

Loading...

Beschlüsse

Erweitern

21.03.2022 - Hauptausschuss (HA) - zur Kenntnis genommen

Erweitern

04.04.2022 - Bürgerschaft (BS) - zur Kenntnis genommen