Beschlussvorlage der Politik (ö) - BV-P-ö/07/0283-02

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Bürgerschaft hebt die Satzung der Universitäts– und Hansestadt Greifswald über die Erhebung einer Übernachtungssteuer in der Universitäts– und Hansestadt Greifswald mit Wirkung ab 1. April 2023 mit sofortiger Wirkung auf.

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Sachdarstellung

Durch die Übernachtungssteuer werden erstens deutlich weniger Steuererlöse erzielt als kalkuliert.

Sie schadet zweitens dem Standort Greifswald generell

und drittens den Beherbergungsbetrieben mit ihren 250 Beschäftigten im konkreten.

Sie ist viertens in der Kürze der Zeit für den Beherbergungsbetrieben faktisch kaum umsetzbar.

Zudem steht fünftens mit einer Gästekarte analog einer Kurkarte nach Maßgabe des Kurortgesetzes und des Kommunalabgabengesetzes (KAG) eine bessere Alternative mit Gegenwert für die Gäste zur Verfügung.

 

I. Überarbeitete Modellrechnung zur Steuereinnahme:

Die Verwaltung hat im Wirtschaftsausschuss eine überarbeitete Modellrechnung zur Übernachtungssteuer vom 23. Januar 2023 zur Verfügung gestellt (siehe Anlage 1). Nach dieser Modellrechnung geht die Stadt von Erlösen in Höhe von 666.000 € aus. Bei der Beschlussfassung über die Satzung zur Erhebung der Übernachtungssteuer im Dezember 2022 durfte die Bürgerschaft von Erlösen in der Spitze von bis zu 1 Million € ausgehen. Aber auch die neu prognostizierten Steuereinnahmen in Höhe von 666.000 € sind zum einen wegen zu hoch kalkulierten Übernachtungszahlen, zum anderen wegen fehlerhaft kalkulierten Zimmerpreisen erheblich zu hoch.

 

Denn in den der Modellrechnung geht man von steuerrelevanten Übernachtungen in Höhe von 250.000 aus. Bei den kalkulierten Übernachtungszahlen stützt man sich als Quelle auf die Zahlen des statistischen Landesamtes Mecklenburg-Vorpommerns. Für das Landesamt gelten auch Übernachtungen auf Campingplätzen und auch in bestimmten Rehakliniken als einschlägige Übernachtungen, die jedoch nicht steuerrelevante Übernachtungen nach Maßgabe der Satzung sind.

Weiter sind von der Steuer Gruppenreisen von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren befreit. Insofern dürfen auch die Gäste der Jugendherberge und auch die Gäste für Kinder und Jugendreisen im Maijuwi nicht bedacht werden. Es gibt weitere relevante Ausnahmetatbestände. In der Modellrechnung werden alle Ausnahmetatbestände mit 39.000 Übernachtung bewertet und man geht final von 250.000 Übernachtungen bei der Berechnung aus. Vereinfacht geschätzt, scheint ein Wert von 150.000 Übernachtung eher realistisch zu sein.

 

Ähnlich erheblich ist folgender Sachverhalt:

Bei der Modellrechnung wird als Ausgangspunkt mit einem Zimmerpreis von 51 € als Grundlage der Steuerberechnung ausgegangen. Dieser Preis ist aus drei Gründen deutlich zu hoch.

1. Der unterstellte Preis für Doppelzimmer in Höhe von 86 € wird auf 43 € in der Kalkulation halbiert, um die Steuerlast pro Person darzustellen. Der Preis für ein Einzelzimmer wird mit 66 € kalkuliert. Aus diesem Ergebnis wird die Kalkulationsgröße Mittel von 51 € gebildet. Richtigerweise hätten hier die Kosten von Einzelzimmer und Doppelzimmer addiert werden müssen, um die Summe dann durch drei (Gäste) zu dividieren. Die Grundlage der steuerlichen Berechnung würde dann bei 47 € statt 51 € liegen.

2. Diese neue Kalkulationsgröße ist aber immer noch überzogen, da es deutlich weniger Einzelzimmer als Doppelzimmer gibt. Steuerlich sind die Einzelzimmer mit kalkulierten 66 €  deutlich attraktiver als Doppelzimmer mit 43 €. In der aktuellen Modellrechnung wird unterstellt, dass es in Greifswald mehr Einzelzimmer als Doppelzimmer gibt, was nicht zutrifft.

3. Unter Berücksichtigung von Pensionen, Ferienwohnungen und Zimmer für Monteure ist ein durchschnittlicher Preis von 34 € pro Person für die Steuerschätzung zu unterstellen. (Die Zimmerpreise dürfen bei der Modellrechnung auch nicht eins zu eins wie geschehen aus dem Internet übernommen werden. Für Reisegruppen und Geschäftsreisende gibt es Sonderkonditionen. Wenn jemand direkt bucht, werden keine Provision abgeführt.)

 

Der redliche Kaufmann kalkuliert vorsichtig. Bei der Kalkulation der Übernachtungen ist aber auch ein Faktor aufzuführen, der die Verlagerung von Übernachtungen zum Beispiel nach Neuenkirchen in den Stettiner Hof oder das gänzliche Wegbrechen von Übernachtungen bedenkt. Auch ist nicht jeder tatsächliche Steuerschuldner ein wirklicher Steuerschuldner. Es darf bezweifelt werden, dass bei den Kleinstbetrieben, die Verwaltung nennt es den grauen Beherbergungsmarkt, tatsächlich durchgehend die Steuer abgeführt wird. (Auch wenn der Betreiber es natürlich müsste.)

 

Auch sollte den Erlösen ein Kostenfaktor für den behördlichen Personalaufwand, früher sprach man von Kosten für Mannstunden, entgegengestellt werden.

 

Denn die Geschäftsgrundlage für eine Entscheidung für die Bürgerschaft kann nur der tatsächliche wirtschaftliche Vorteil für unsere Stadt sein.

 

II. Schaden für den Standort Greifswald:

Tausende Übernachtungen werden von der Universität Greifswald, von der Universitätsmedizin Greifswald, von Handwerksfirmen, aber insbesondere wegen des Fachkräftemangels von großen Bootsbauern unserer Stadt organisiert, unsere städtische Wirtschaft wird durch diese zusätzliche Steuer mithin belastet.

Steuern dienen der Finanzierung des Staates, haben aber auch eine Lenkungsfunktion. Über die steuerfinanzierte Greifswald Marketing GmbH werden kostspielige Anstrengungen unternommen, Gästeströme nach Greifswald zu lenken. Diese potentiellen Gäste werden durch die Übernachtungssteuer zukünftig weniger in unserer Stadt ausgeben oder gar gleich von unserer Stadt weggelenkt.

 

III. Schaden für Beherbergungsbetriebe:

 Die Beherbergungsbranche hat nicht nur wegen der Corona-Auswirkungen einen schweren Stand. In Greifswald liegt die durchschnittliche Auslastung nur bei 40 %, das Europahotel hat seine Türen geschlossen. Die Kostentreiber, insbesondere Energiekosten und gestiegene Löhne, die den städtischen Haushalt so schwer belasten, belasten im gleichen Maße oder sogar noch mehr die Beherbergungsbranche. Ihren 250 Angestellten müssen dennoch faire, wettbewerbsfähige Löhne gezahlt werden, um in Kampf um Arbeitnehmer bestehen zu können. Die zusätzliche Steuer (mit zusätzlicher Mehrwertsteuer) ist schwerlich eins zu eins auf den Gast umzulegen.

(Die kurzfristige Einführung unterjährig zum 1. April wirft erhebliche Probleme auf, Beherbungsverträge sind bereits wirksam abgeschlossen. Steuerprogramme müssen umgeschrieben werden..)

 

IV. Gästekarte analog Kurkarte:

Durch die bereits erfolgte Änderung des Kurortgesetzes und des Kommunalabgabengesetzes (KAG) können Gemeinden mit wenig Aufwand Tourismusort werden und dann Kurabgabe erheben, die zur Finanzierung von touristischem Marketing, ÖPNV etc. und Gästekarten dienen (siehe Anlage 2). Mit den Gästekarten können Gäste Vergünstigungen in Einrichtungen, ÖPNV, Museen etc. wahrnehmen. Die Gästekarten haben im Gegensatz zu einer Steuer einen Mehrwert für den Gast und lassen sich erklären.

Diese Position ist bisher zu wenig in den Blick genommen worden, hätte meines Erachtens insbesondere von ein Greifswald Marketing GmbH proaktiv aufgegriffen werden müssen.

 

Die Übernachtungssteuer könnte dergestalt ein Strohfeuer sein, denn ab 2025 will das Land ein Tourismusgesetz nach österreichischen Modell einführen, was zu einer breiten Finanzierungsbeteiligung von nutznießenden Unternehmen führt und die Ausgaben für den Tourismus auf breite Schultern verteilen soll. Die Einführung ist allerdings umstritten. 

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Finanz. Auswirkung

Haushalt

Haushaltsrechtliche Auswirkungen

(Ja oder Nein)?

HHJahr

Ergebnishaushalt

Ja

2023ff 

Finanzhaushalt

Ja

2023ff 

 

 

Teil-

haushalt

Produkt/Sachkonto/

Untersachkonto

Bezeichnung

Betrag in €

1

  11

 61100-40390000-40390-00000

Übernachtungssteuer

  0

 

 

HHJahr

Planansatz

HHJahr in €

gebunden in €

Über-/ Unterdeckung

nach Finanzierung in €

1

 

 

 

 

 

 

HHJahr

Produkt/Sachkonto/

Untersachkonto Deckungsvorschlag

Deckungsmittel in €

1

 

 

 

 

Folgekosten (Ja oder Nein)?

 

 

 

HHJahr

Produkt/Sachkonto/ Untersachkonto

Planansatz

in €

Jährliche

Folgekosten für

Betrag in €

1

 

 

 

 

 

 

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Auswirkungen auf den Klimaschutz

Ja, positiv

Ja, negativ

Nein

 

 

x

 

Begründung:

 

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Anlagen

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Beschlüsse

Erweitern

23.02.2023 - Bürgerschaft (BS) - abgelehnt