Informationsvorlage - IV/08/0017
Grunddaten
- Betreff:
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Information zum Beschluss "Spielzeugkisten an Spielplätzen der Universitäts- und Hansestadt Greifswald" (BV-P-ö/08/0144-01)
- Status:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Informationsvorlage
- Federführend:
- 66.5 Tiefbau- und Grünflächenamt/Abteilung Unterhaltung von Grünanlagen
- Beteiligt:
- 30.0 Rechtsamt/Rechtsangelegenheiten
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Zuständigkeit | NA |
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Erledigt
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Ausschuss für Bauwesen, Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Nachhaltigkeit (BuK)
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Beschlusskontrolle
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11.11.2025
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Sachdarstellung
Die Stadtverwaltung informiert den Ausschuss für Bauwesen, Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Nachhaltigkeit über das Ergebnis der geplanten Umsetzung des Beschlusses der Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald vom 31.03.2025 BV-P-ö/08/0144-01, Spielzeugkisten an Spielplätzen der Universitäts- und Hansestadt Greifswald.
Vorbemerkung:
Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald beauftragte die Verwaltung, auf ausgewählten öffentlichen Spielplätzen Spielzeugkisten aufzustellen, die Kindern zur gemeinschaftlichen Nutzung und zum Tausch von Spielzeug dienen sollen. Das Konzept sieht vor, das Bürgerinnen und Bürger Spielsachen einstellen und entnehmen können.
Ziel ist die Förderung gemeinschaftlicher Nutzung, Nachhaltigkeit und sozialer Teilhabe. Gleichzeitig bestehen jedoch erhebliche haftungsrechtliche Risiken, da die Universitäts- und Hansestadt Greifswald als Betreiberin der Spielplätze eine Verkehrssicherungspflicht trifft.
Im Rahmen der rechtlichen Prüfung der Haftungsproblematik im Zusammenhang mit der geplanten Aufstellung sogenannter „Spielzeugkisten“ auf öffentlichen Spielplätzen wurde eine umfassende Betrachtung der einschlägigen rechtlichen Grundlagen sowie der praktischen und organisatorischen Anforderungen vorgenommen.
- Verkehrssicherungspflicht der Kommune
Gemäß § 823 Abs. 1 BGB haftet, wer vorsätzlich oder Fahrlässig das Leben, den Körper oder die Gesundheit eines anderen verletzt. Daraus folgt die allgemeine Verkehrssicherungspflicht: Wer eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, muss die zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden zu vermeiden.
Die Kommune ist als Betreiberin öffentlicher Spielplätze in gleicher Weise verpflichtet wie ein privater Betreiber.
- Fehlende Normierung für bewegliche Spielsachen
Während die DIN EN 1176 und 1177 Sicherheitsstandards für fest installierte Spielplätze und Spielplatzböden vorgeben, existieren für bewegliche Spielsachen (Eimer, Schaufel etc.) keine verbindlichen Kontrollstandards.
Gleichwohl entsteht durch die bewusste Bereitstellung oder Duldung solcher Gegenstände ein Vertrauenstatbestand: Nutzerinnen und Nutzer dürfen davon ausgehen, dass die bereitgestellten Spielsachen sicher sind.
- Erhöhtes Risiko durch offenes System
Durch das angedachte offene Tauschsystem ist nicht kontrollierbar, welche Gegenstände durch Dritte eingebracht werden. Es besteht das Risiko, dass defektes, verunreinigtes oder nicht kindgerechtes Material (z.B. Glas, Metallteile, scharfe Kanten) in Umlauf gelangen.
Dies erhöht das Haftungspotenzial erheblich, da Kinder als besonders schutzbedürftig gelten und Gefahren häufig nicht selbst erkennen können.
- Erforderliche Kontrollmaßnahmen
Um der Verkehrssicherungspflicht zu genügen, wären regelmäßige Prüfungen des Spielzeugbestandes erforderlich.
Empfohlen werden:
- Wöchentliche Sichtprüfungen durch städtisches Personal,
- Monatliche Intensivprüfungen des Kisteninhalts,
- Jährliche Hauptkontrolle durch eine sachkundige Person,
- Lückenlose Dokumentation aller Prüfungen.
Eine tägliche Kontrolle wäre praktisch nicht umsetzbar, eine fehlende Kontrolle hingegen haftungsrechtlich unvertretbar.
- Haftungsrechtliche Konsequenzen
Eine vollständige Haftungsfreistellung ist rechtlich ausgeschlossen.
Unterlässt die Kommune regelmäßige Prüfungen, kann ihr im Schadensfall ein Organisationsverschulden vorgeworfen werden. Auch Hinweisschilder oder Nutzungsregeln entlasten nicht von der Grundpflicht zur Sicherung.
- Regelungsmöglichkeiten in Satzung und Dienstanweisung
Eine Satzungsergänzung könnte die Eigenverantwortung der Nutzer und die beschränkte Kontrollpflicht der Kommune festschreiben.
Ergänzend wäre eine Dienstanweisung zur regelmäßigen Prüfung und Dokumentation der Spielzeugkisten erforderlich, um die Haftungsrisiken zu reduzieren.
Beide Maßnahmen mindern das Risiko, beseitigen es jedoch nicht.
Bewertung und Empfehlung:
Die Einführung offener Spielzeugkisten birgt ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko für die Universitäts- und Hansestadt Greifswald.
Da das System auf einer unkontrollierten Beteiligung der Öffentlichkeit beruht und keine normierten Sicherheitsstandards existieren, kann die Kommune trotz organisatorischer und rechtlicher Sicherungsmaßnahmen nicht gewährleisten, dass keine gefährlichen oder ungeeigneten Gegenstände in Umlauf gelangen.
Zudem wäre der notwendige Kontroll- und Dokumentationsaufwand (regelmäßige Prüfungen, Personalbindung, Protokollierung) dauerhaft erheblich.
Angesichts der dargestellten rechtlichen Unsicherheiten, der praktischen Kontrollproblematik und der potenziellen Haftungsrisiken – insbesondere bei Personenschäden – wird – auch angesichts des Umstandes, dass der Personalbestand in den zuständigen Abteilungen noch deutlich unter dem nach der Organisationsuntersuchung für die betreffenden Abteilungen ermittelten Personalbedarfs liegt - empfohlen, von der Umsetzung des Vorhabens „Spielzeugkisten an Spielplätzen der Universitäts- und Hansestadt Greifswald abzusehen.
Anlagen
| Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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öffentlich
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26,2 kB
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