Informationsvorlage - IV/08/0024

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Beratungsfolge

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Sachdarstellung

Mit Beschluss BV-P-ö/08/0152-01 wurde die Verwaltung beauftragt:

 

Maßnahmen zum Schutz von nachtaktiven Tieren, insbesondere Igel, mittels teilweiser Einschränkung von Mährobotern zu ergreifen und der Bürgerschaft entsprechende rechtliche Maßnahmen vorzulegen.

 

Für die Universitäts- und Hansestadt Greifswald gibt es aufgrund der fehlenden Zuständigkeit im Artenschutzrecht aktuell keine rechtssichere Möglichkeit, den Betrieb von Mährobotern zum Schutz von Igeln und anderen nachtaktiven Tieren einzuschränken.

 

Umgesetzt werden können auf jeden Fall die in der Sachdarstellung des Bürgerschaftsbeschlusses aufgeführten Punkte zur Aufklärung über die Gefahren von Mährobotern durch Öffentlichkeitsarbeit. Hierzu werden derzeit erste konkrete Schritte vorbereitet.

 

Nachfolgend werden die Gründe erläutert, die einer direkten Umsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses entgegenstehen. Dabei werden auch alternative Rechtsgrundlagen abseits des Naturschutzrechts erörtert.

 

Der Schutz des Igels ist zuvorderst eine artenschutzrechtliche Fragestellung. Die gesetzlichen Regelungen hierzu finden sich im Bundesnaturschutzgesetzt (BNatSchG). Der Igel ist eine besonders geschützte Art (§ 7 Abs. 2, Nr. 13). Für ihn gelten deshalb die verschärften gesetzlichen Regelungen des besonderen Artenschutzes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG (Zugriffsverbote). Für die Umsetzung des § 44 Abs. 1 (Zugriffsverbote) ist lt. § 6 Naturschutzausführungsgesetz (NatSchAG M-V) die Untere Naturschutzbehörde zuständig.

 

In Bezug auf Greifswald ist der Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald in seiner Funktion als Untere Naturschutzbehörde zuständig. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der amtsfreien Gemeinden haben keine Regelungsmöglichkeiten in Bezug auf den Artenschutz! Die UHGW kann daher auch keine Satzungen oder Verordnungen erlassen, die mit gesetzlichen Regelungen des BNatSchG zum Artenschutz begründet werden.

 

In der Sachdarstellung zum Bürgerschaftsbeschluss wird ausgeführt, dass es schon mehrere Städte mit Nachtnutzungsverbot von Mährobotern gibt. Bei näherer Betrachtung ergeben sich zwei Fallkonstellationen, mit denen das Nachtnutzungsverbot in diesen und anderen Städten bzw. Landkreisen begründet wurden:

Fallkonstellation A: Allgemeinverfügung, z.B. die Städte Köln, Göttingen, Leverkusen, Kreis Ennepe-Ruhr

 

Es handelt sich um kreisfreie Städte bzw. Landkreise, die in ihrer Funktion als Untere Naturschutzbehörde auch für den Vollzug des Artenschutzrechts (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) zuständig sind. Diese Städte bzw. Kreise haben Allgemeinverfügungen mit Bezug auf das BNatSchG erlassen. In ihrer Funktion als Untere Naturschutzbehörde sind Sie dazu befugt. Die Rechtsgrundlage ist § 3 Abs. 2 i.V. m. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.

 

In Bezug auf die UHGW könnte eine solche Allgemeinverfügung mit dem Ziel Igelschutz nur der Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald als Untere Naturschutzbehörde erlassen.

 

Der Oberbürgermeister der UHGW könnte sich an den Landrat wenden und anregen, eine Allgemeinverfügung zu erlassen, die (auch) für Greifswald gilt.

 

Fallkonstellation B: Ordnungsbehördliche Verordnung, z.B. Gemeinde Nuthetal in Brandenburg

 

In der Gemeinde Nuthetal gibt es eine Ordnungsbehördliche Verordnung, die im Zuge eines Gemeindebeschlusses durch einen Passus zur zeitlichen Einschränkung für den Betrieb von Mährobotern ergänzt wurde. Diese Ergänzung wurde mit Lärmvermeidung und Tierverträglichkeit begründet.

 

In Greifswald gibt es keine vergleichbare Ordnungsbehördliche Verordnung, in die ein entsprechender Passus „zeitlich befristetes Mähverbot für Mähroboter“ aufgenommen werden könnte. Die Aufstellung einer Ordnungsbehördlichen Verordnung für Greifswald ist zwar prinzipiell denkbar, begegnet jedoch ebenfalls rechtlichen Bedenken. Die Zielrichtung einer solchen Verordnung ist dabei immer die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Gemeinde. Der Bürgerschaftsbeschluss „Tierfreundliches Greifswald – Igelpopulation schützen“ zielt aber eindeutig auf den Schutz des Igels. Für eine Ordnungsbehördliche Verordnung dürfen artenschutzrechtliche Begründungen aber keine (tragende) Rolle spielen, da die Zuständigkeit für den Artenschutz bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Vorpommern-Greifswald liegt.

 

Greifswald hätte prinzipiell die Möglichkein, eine Ordnungsbehördliche Verordnung zu erlassen, in der relevante ordnungsbehördliche Belange geregelt werden, beispielsweise auch ein nächtliches Verbot von Rasenmähen, das dann auch Mähroboter einschließen könnte. Eine solche Verordnung hat z.B. das Amt Nordrügen erlassen (https://ol.wittich.de/titel/3478/ausgabe/2/2024/artikel/00000000000042970419-OL-3478-2024-27-2-0?utm_source=chatgpt.com). Allerdings zielt ein solches „Mähverbot“ zu bestimmten Zeiten primär auf den Lärmschutz ab und nicht auf den Schutz von nachtaktiven Tieren. Zwar profitierten nachtaktive Arten indirekt von einer solchen Verordnung stark, de facto wäre es aber eine Umgehung der oben genannten entgegenstehenden Gründe, indem ein naturschutzrechtliches Ziel über den Umweg der Lärmverhinderung geregelt würde. Zudem setzt eine Sicherheits- und Ordnungsverfügung nach § 17 SOG das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung voraus. Es müsste also tatsächlich eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch den vom Rasenmähen verursachten Lärm vorliegen, der über den nach der 32. BImSchV geregelten Bereich hinausgeht. Hierzu liegen bislang keine Erkenntnisse vor.

 

Es wurde auch geprüft, ob sich aus dem Immissionsschutzrecht direkt oder dem Tierschutzrecht rechtliche Maßnahmen ableiten ließen.

 

Immissionsschutzrecht

 

Lärmschutz nach 32. Bundesimmissionsschutzverordnung (32. BImSchV)

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 der 32. BImSchV (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) i. V. m. Nr. 32 des Anhangs der Verordnung ist der Einsatz von Rasenmähern in bestimmten besonders lärmsensitiven Gebieten in der Zeit von 20.00 bis 7.00 Uhr untersagt und gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 der 32. BImSchV sogar bußgeldbewährt. Welche Geräte unter den Begriff „Rasenmäher“ i. S. d. Verordnung zu fassen sind, richtet sich nach Artikel 12 der Richtlinie 2000/14/EG und den dazu gehörigen Anhang. Danach werden unter den Begriff Rasenmäher nur geführte bzw. fahrergesteuerte Grasschneidegeräte gefasst, wozu Mähroboter gerade nicht gehören. Dementsprechend ist es auch überwiegende Auffassung, dass Mähroboter keine Rasenmäher i. S. d. 32. BImSchV darstellen. Ein Rückgriff auf das Verbot der 32. BImSchV und den daran anknüpfenden Bußgeldtatbestand ist daher bei der hier vorliegenden Problematik des nächtlichen Betriebes von Mährobotern nicht möglich. Die Bezugnahme auf „Lärmschutz“ stünde zudem auch im Widerspruch zur Zielsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses, der auf den Igelschutz nach dem Bundesnaturschutzgesetzt (BNatSchG) abzielt.

 

Tierschutzrecht

 

Das Tierschutzgesetz bietet aktuell keine Rechtsgrundlage für den Erlass eines nächtlichen Fahrverbots für Mähroboter. Allerdings gibt es gegenwärtig eine Gesetzesnovellierung. Im aktuellen Entwurf ist vorgesehen, dass nachtaktive Wirbeltiere vor Verletzungen und Tod durch Mähroboter besser geschützt werden sollen. Allerdings ist unklar, ob und wie die Novellierung des Tierschutzgesetztes umgesetzt wird und ob sie auch tatsächlich einen substantiellen Fortschritt in Bezug auf den Schutz nachtaktiver kleiner Wirbeltiere darstellt. Denn der vorliegende Entwurf ließe den nächtlichen Einsatz von Mährobotern zu, sofern geeignete Maßnahmen ergriffen werden, die erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden verhindern.

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Beschlüsse

Erweitern

11.11.2025 - Ausschuss für Bauwesen, Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Nachhaltigkeit (BuK) - Beschlusskontrolle erfolgt