Beschlussvorlage der Verwaltung - 05/134
Grunddaten
- Betreff:
-
Vergleichsvorschlag Bilfinger Berger AG./. UHGW
- Status:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage der Verwaltung
- Federführend:
- Import
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Zuständigkeit | NA |
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Geplant
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Senat (S)
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Beratung im Senat
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Geplant
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Hauptausschuss (HA)
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Beschlussfassung
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Geplant
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x(bis 2014-06-30) Ausschuss für Bauwesen und Umwelt
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Beratung
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24.11.2009
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Geplant
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x(bis 2014-06-30) Ausschuss für Haushaltsplanung, Finanzwesen, Beteiligungsgesellschaften und Eigenbetriebe, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Tourismus und Liegenschaftsangelegenheiten
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Beratung
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23.11.2009
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Sachdarstellung
Seit dem 18.03.2008 ist beim Landgericht Rostock ein Klagverfahren der Bilfinger Berger AG anhängig. Beklagte ist die Universitäts- und Hansestadt Greifwald. Streitverkündete sind die Beteiligten der im Zuge der Baumaßnahme „Bahnparallele“ abgeschlossenen Kreuzungsvereinbarung, also die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG, welche an den Projektkosten jeweils zu etwa 1/3 beteiligt sind. Auf Seiten der Stadt ist dem Rechtsstreit unsere Entwurfsplanerin und Bauoberleitung/Bauüberwachung, Firma Grassl GmbH, beigetreten.
Die Klägerin macht Mehrvergütungsansprüche aus dem Bau eines Personentunnels im Rahmen der Baumaßnahme „Bahnparallele“ in Höhe von 359.374,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.05.2007 geltend.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Mit Zuschlagsschreiben vom 15.04.2005 beauftragte die Universitäts- und Hansestadt Greifswald die Klägerin mit dem Neubau einer Eisenbahnunterführung km 209,644 am Bahnhof Greifswald. Der Angebotspreis der Klägerin auf den ausgeschriebenen Einheitspreisvertrag betrug 1.143.231,30 €.
Das Leistungsverzeichnis für das Bauvorhaben war im Vorfeld auf der Grundlage der Entwurfsplanung des Ingenieurbüros Grassl GmbH erstellt worden. Die Ausführungsplanung war Bestandteil der abgeforderten Bauleistungen und sollte vom Auftragnehmer – also der Klägerin – baubegleitend erstellt werden.
Die Klägerin beauftragte mit der Ausführungsplanung ebenfalls die Firma Grassl GmbH, welche die notwendige Bewehrungsdichte des auszuführenden Personentunnels nunmehr wesentlich höher berechnete als noch zuvor im Rahmen der Entwurfsplanung (225 kg/m3 statt bisher 100 kg/m3). Dementsprechend sind in den Personentunnel 106,07 t Stahl statt bisher geplanter 47 t eingebaut worden.
Offenbar wurde der Universitäts- und Hansestadt Greifswald diese Planungsänderung erst Ende des Jahres 2006 mit der Vorlage des Nachtrages 13 und der Stahllisten. Mit ihrem Nachtrag 13 machte die Klägern insbesondere Mehraufwendungen infolge der erhöhten Bewehrungsdichte in Höhe von zunächst 346.791,71 € geltend sowie Aufwendungen in Höhe von 13.809,52 € für Betonkosmetikarbeiten, welche ebenfalls infolge der erhöhten Bewehrungsdichte erforderlich geworden seien.
Darüber hinaus enthielt die Schlussrechnung einen Nachtrag 7, worin die Klägerin Mehrkosten für den Baugrubenverbau in Höhe von 7.737,26 € einforderte. Schließlich forderte die Klägerin auf Grund der vereinbarten Stoffpreisgleitklausel 20.783,43 € für eingebauten Stahl.
Im Zuge der Schlussrechnungsprüfung durch die Firma Grassl GmbH wurde der Universitäts- und Hansestadt Greifswald empfohlen, auf die Nachtragsforderungen 13 und 7 nicht zu leisten. Mehraufwendungen infolge erhöhter Bewehrungsdichte seien nicht erkennbar gewesen und der Höhe nach vollkommen übersetzt. Betonkosmetik sei nur deshalb notwendig gewesen, weil die Werkleistungen der Klägerin mangelhaft gewesen seien. Mehrkosten im Baugrubenverbau seien nicht zu begleichen, da diese Position pauschal ausgeschrieben worden sei. Bezüglich der Stoffpreisgleitklausel sei von einem anderen „Einbau- bzw. Verwendungszeitpunkt“ für die Ermittlung des Stahlpreises auszugehen, woraus sich eine Reduzierung der Stahlkosten auf 15.686,91 € ergäbe.
Nach mehrfacher Korrespondenz in der Sache hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.03.2008 Klage erhoben:
Die Klageforderung setzt sich insgesamt aus vier Kostenpositionen zusammen, wobei die Klägerin den Nachtrag 13 der Höhe nach bereits teilweise reduzierte:
- Nachtrag 13 – Mehraufwand infolge erhöhter Bewehrungsdichte 338.722,41 €
- Nachtrag 13 – Betonkosmetik 7.862,87 €
- Nachtrag 7 – Mehrkosten Baugrubenverbau Spundwandstahl 7.737,26 €
- Stoffpreisgleitklausel 5.051,52 €
Zu 4. sei angemerkt, dass der Betrag von 5.051,52 € einen Rechenfehler enthält. Tatsächlich ergeben die dargelegten Zahlen der Klägerin einen offenen Differenzbetrag von 5.096,52 €
Am 26.06.2009 fand beim Landgericht Rostock die erste mündliche Verhandlung in der Sache statt. Die zuständige Richterin am Landgericht erklärte, dass im Falle der Erforderlichkeit der erhöhten Bewehrungsdichte der Anspruch (Ziffer 1) nach ihrer vorläufigen Einschätzung dem Grunde nach bestehen dürfte. Ob der Einbau der Stahlmehrmengen erforderlich gewesen sei, sei durch einen Sachverständigen festzustellen. Ein Sachverständiger habe sodann auch die Höhe der geltend gemachten Mehrvergütung zu bewerten. Darüber hinaus sei durch Sachverständige zu klären, ob die Betonkosmetikarbeiten auf Grund mangelhafter Leistungserfüllung notwendig geworden seien (Ziffer 2). Auf den Vortrag der Klägerin, ein fehlerhaftes Baugrundgutachten der Universitäts- und Hansestadt Greifswald habe sie bezüglich der Spundwände (Ziffer 3) zu einer Fehlkalkulation veranlasst, sah die Richterin am Landgericht auch hierfür einen Sachverständigenbeweis als erforderlich an.
Im Hinblick auf die vielzähligen Unwägbarkeiten in der Sache und das mit den einzuholenden Sachverständigengutachten verbundene weitere Kostenrisiko regte die Richterin am Landgericht eine vergleichsweise Lösung an. Im Verhandlungstermin war eine solche jedoch nicht herbeizuführen, da auf Seiten der Universitäts- und Hansestadt Greifswald im Hinblick auf ihre Kostenbeteiligung die Zustimmung der Kreuzungsbeteiligten (s.o.) für notwendig erachtet wurde.
Nachdem die grundsätzliche Vergleichsbereitschaft der Kreuzungsbeteiligten (Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Bahn AG) abgefragt worden war, fand am 29.09.2009 in Berlin eine Vergleichsverhandlung zwischen der Klägerin und der Universitäts- und Hansestadt Greifswald statt.
Im Ergebnis wurde der Abschluss eines Vergleiches mit folgendem Inhalt besprochen:
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Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald zahlt an die Bilfinger Berger AG zur Abgeltung sämtlicher eingeklagter Forderungen 175.000,00 €.
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Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald tritt an die Bilfinger Berger AG sämtliche Ansprüche wegen der Mehrmengen Stahl an dem Bauvorhaben Eisenbahnüberführung Personentunnel Bahnhof Greifswald gegenüber der Streitverkündeten Ingenieurbüro Grassl GmbH ab.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Dieser Vergleichsabschluss ist im Rahmen eines Termins zur mündlichen Verhandlung beim Landgericht Rostock am 22.10.2009 protokolliert worden (zum genauen Vergleichswortlaut vgl. Anlage 1). Parallel mit der Befassung der Gremien soll der Vergleichsinhalt mit der Bundesrepublik Deutschland und der Deutsche Bahn AG abgestimmt werden.
Für den Vergleichsabschluss sprechen folgende Gesichtspunkte:
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Nach Einschätzung des Fachamtes sowie eines befragten Prüfstatikers im Auftrag des Eisenbahnbundesamtes, war die Mehrmenge des eingebauten Stahls voraussichtlich erforderlich. Weshalb ein Anspruch auf Erstattung von Mehraufwendungen begründet sein dürfte.
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Hinsichtlich der Höhe des Mehraufwandes haben das Fachamt sowie unsere Bauoberleitung jeweils eine eigenständige Berechnung durchgeführt. Sie haben dabei Mehraufwendungen in Höhe von 102.560,61 € netto (118.970,31 € brutto bei 16 % MwSt.) ermittelt.
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Hinsichtlich der Stoffpreisgleitklausel ist seitens der Abteilung Recht eingeschätzt worden, dass die offene Rechnungsposition in Höhe von 5.096,52 € bzw. 5.051,52 € (derzeit auf Grund eines Rechenfehlers geltend gemacht) seitens der Universitäts- und Hansestadt Greifswald geschuldet wird.
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Wenn man die sich hieraus ergebende Gesamtforderung in Höhe von 124.066,83 € brutto seit dem 19.05.2007 mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bis zum 10.12.2009 (angenommener Zahlungstag) verzinst, ergibt sich eine Zinslast in Höhe von 32.943,26 € – mithin ein Gesamtzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 157.010,09 €.
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Die Mehrzahlung von ca. 18.000 € rechtfertigt sich aus dem bestehenden Prozessrisiko. Es ist durchaus denkbar, dass ein gerichtlich bestellter Gutachter einen höheren Mehraufwand als unsere Bauoberleitung bzw. unser Fachamt ermittelt. Die seitens der Klägerin geltend gemachte Forderungshöhe (338.722,41 €) für Mehraufwendungen infolge der erhöhten Bewehrungsdichte beruht ebenfalls auf einem privaten Sachverständigengutachten (Prof. Dr.-Ing. Kurbach und Dipl-Ing.Pönisch).
- Darüber hinaus werden die drohenden Sachverständigenkosten im vorliegenden Verfahren allein den Mehrzahlungsbetrag in Höhe von ca. 18.000 € voraussichtlich aufwiegen, weshalb die weitere Prozessführung für uns unwirtschaftlich wäre.
Die Abtretung unserer Forderungen gegenüber der beigetretenen Firma Grassl GmbH wird von folgenden Erwägungen getragen.
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Aus dem Sachverhalt ist ersichtlich, dass die Firma Grassl GmbH in jedem Fall fehlerhaft gehandelt hat. Sie hat entweder bereits eine fehlerhafte Entwurfsplanung aufgestellt oder aber die Ausführungsplanung fehlerhaft ermittelt. Darüber hinaus hat sie als Bauoberleitung/Bauüberwachung nicht rechtzeitig agiert, um rechtzeitige Nachtragsgespräche infolge der erhöhten Bewehrungsdichte einzu-leiten, womit eine Prozessführung eventuell hätte verhindert werden können.
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Die Durchsetzung städtischer Ansprüche aus diesen Pflichtverletzungen gestaltet sich dennoch schwierig, da die Universitäts- und Hansestadt Greifswald sich hinsichtlich einer eventuell fehlerhaften Entwurfsplanung den Einwand der „Sowieso-Kosten“ entgegenhalten lassen muss.
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Aus diesem Grund werden allenfalls die mit dem Klageverfahren für die Universitäts- und Hansestadt verbundenen Prozesskosten (derzeit: ca. 7.500 €) aus unserer Sicht für einklagbar gehalten.
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Gegen ein Klagverfahren gegenüber der Firma Grassl GmbH spricht darüber hinaus aus unserer Sicht der Umstand, dass die Firma Grassl GmbH derzeit noch im Rahmen weiterer Projektteile des Bauvorhabens „Bahnparallele“ seitens der Universitäts- und Hansestadt Greifswald beauftragt ist und ein Rechtsstreit die weitere Zusammenarbeit belasten wird. Eine Beendigung der Zusammenarbeit ist allein im Hinblick auf den bisherigen Verfahrenstand der Baumaßnahme „Bahn-parallele“ (Abschlussphase) zu vermeiden.
- Die Bilfinger Berger AG will versuchen, mit den von uns abgetretenen Ansprüchen sowie ihren eventuellen eigenen Ansprüchen eine Drohkulisse gegenüber der Firma Grassl GmbH (bzw. den beteiligten Haftpflichtversicherern) aufzubauen, welche diese veranlassen soll, vergleichsweise eine pauschale Schadenersatzleistung zu erbringen. Ob diese Strategie erfolgversprechend sein wird, ist aus hiesiger Sicht offen und erscheint insbesondere deshalb problematisch, weil seitens der Firma Grassl GmbH derzeit auf Grund eines Versicherungswechsels zwischen Entwurfsplanung und Ausführungsplanung zwei Haftpflichtversicherer um ihre Zuständigkeiten streiten.
Da die Bilfinger Berger AG die Zahlung der Vergleichssumme bis zum Ende des Jahres wünscht, war die Vorbereitung der Beschlussvorlage noch vor dem Termin zur Protokollierung des Vergleichsinhaltes erforderlich. Der protokollierte Vergleichstext ist in diese Vorlage am 26.10.2009 als Anlage 1 eingefügt worden und die Vorlage textlich überarbeitet worden. Eventuelle neue Sachlagen werden jeweils in den Gremien mitgeteilt.
Sofern die Kreuzungsbeteiligten dem Vergleichsabschluss nicht zustimmen, wird die Universitäts- und Hansestadt Greifswald den Vergleich unabhängig von diesem Gremienbeschluss widerrufen. Durch die vertraglich vereinbarte Kostenbeteiligung der Kreuzungsbeteiligten in Höhe von jeweils ca. 1/3 wäre das alleinige Tragen der Vergleichssumme für die Universitäts- und Hansestadt Greifswald nicht wirtschaftlich.
Die Zuständigkeit des Hauptausschusses ergibt sich aus entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 5 Ziffer 2 und 3 der Hauptsatzung.
Finanzierung |
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HH-Stelle |
Verbale Beschreibung und Bemerkung |
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1 |
65000 950040 |
Bahnparallele |
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Geplant |
Vorhanden |
Bedarf |
Rest |
Jährl. Kosten |
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1 |
4.185.700 |
343.007,12 |
175.000,00 |
168.007,12 |
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Anlage 1
Präambel
Das Landgericht Rostock hat sich in der mündlichen Verhandlung am 26.06.2009 in einer ersten Einschätzung der Sach- und Rechtslage dahingehend geäußert, dass der Klägerin ein Anspruch auf Mehrvergütung gemäß § 2 Nr. 5, 6 VOB/B bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben nebst Zinsen wohl zusteht. Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht Einigkeit darüber, dass der Klägerin und/oder der Beklagten auch direkte (Schadensersatz-) ansprüche gegenüber dem Ingenieurbüro Grassl GmbH zustehen.
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