Beschlussvorlage der Verwaltung - 06/169

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald beschließt die anliegende Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserentsorgung in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald (Abwasserbeitragssatzung).

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Sachdarstellung

  1. Beitragssätze

Die in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald geltende Abwasserbeitragssatzung basiert auf einer Globalkalkulation. Das bedeutet, dass einerseits alle Herstellungskosten der Vergangenheit und der Zukunft bis zur endgültigen Herstellung der öffentlichen Einrichtung und andererseits für den gleichen Zeitraum alle Verteilungsflächen  (Beitragsflächen) bestimmt werden.

Mit der Beitragskalkulation von 2003 war der Kalkulationszeitraum bis 2008 festgesetzt worden, die 1. Änderungssatzung von 2006 sowie die 3. Änderungssatzung von 2007 gingen von einer Fertigstellung der öffentlichen Einrichtung der Abwasserentsorgung bis 2012 (Ende des Kalkulationszeitraumes) aus.

 

Die Bürgerschaft beschloss 2003, mit den Beitragsätzen 20% der anrechnungsfähigen Investitionen umzulegen. Daraus ergab sich ein Beitragssatz von 1,78 € pro Quadratmeter nutzungsbezogener Grundstücksfläche für Schmutzwasser, und 0,48 € pro Quadratmeter nutzungsbezogener Grundstücksfläche für Niederschlagswasser. Mit den Änderungssatzungen 2006 und 2007 auf Grundlage der Neukalkulation wurde beschlossen, diese Beitragssätze beizubehalten. Sie weisen damit nach der derzeit geltenden Satzung einen Deckungsgrad der umlagefähigen Investitionen für Schmutzwasser von 22,94 % und beim Niederschlagswasser auf 28,71 % aus.

 

Da eine Globalkalkulation auch immer Schätzungen und vorausschauende Planungen enthält, ist es geboten, diese in Abständen zu überprüfen. Außerdem ist für die Universitäts- und Hansestadt Greifswald absehbar, dass der Zeitrahmen für die Erschließung von weiteren B-Plangebieten sowie für weitere Investitionen, insbesondere im Bereich der Niederschlagswasserbeseitigung der Herstellungszeitraum bis mindestens 2019 verlängert werden muss. Da sich damit die Kalkulationsgrundlagen der derzeitig geltenden Satzung in Bezug auf die zugrunde liegenden Flächen, die Investitionen und den Investitionszeitraum geändert haben, war eine Neukalkulation zur Beitragssatzung notwendig.

 

Die jetzt vorliegende Kalkulation (siehe Anlage 2) berücksichtigt gemäß § 9 KAG folgende Grundlagen:

 

  • tatsächlicher umlagefähiger Investitionsaufwand für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung bis 2012 sowie die tatsächlich beschiedenen, beitragsrelevanten Flächen, jeweils getrennt nach Schmutz- und Niederschlagswasser;
  • geplanter umlagefähiger Investitionsaufwand für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung bis 2019 sowie weitere, bis 2019 zu erschließende, beitragsrelevante Flächen, jeweils getrennt nach Schmutz- und Niederschlagswasser;
  • jeweils ermitteltes Abzugskapital, Zuschüsse, dezentrale Anlagen, Öffentlichkeitsanteil Straßenentwässerung etc.

 

Unter der Voraussetzung, dass die Deckungsgrade beibehalten werden, ergeben sich die folgenden Beitragssätze:

 

  Schmutzwasser   2,38 €/m²

Niederschlagswasser   1,05 €/m²

 

Die neuen Anschlussbeiträge werden von allen Beitragspflichtigen erhoben, die mit Inkrafttreten der neuen Satzung die Möglichkeit der Inanspruchnahme erhalten.

 

Eine Nacherhebung gegenüber bereits veranlagten Beitragsschuldnern scheidet wegen des Grundsatzes der Einmaligkeit der Beitragserhebung aus. 

 

Die Abweichungen zur Vorkalkulation resultieren aus folgenden Gegebenheiten:

 

  1. Die Investitionskosten sind gegenüber den Planungsansätzen in der Vorausschau 2006 gestiegen. Die Ursachen hierfür sind vielschichtiger Natur. Die gestiegenen Rohstoffkosten, die gestiegenen Energiekosten sowie steigende Lohnkosten haben die Einkaufspreise von z.B. Rohrmaterialien und Anlagenteilen sowie deren Errichtung/Montage verteuert. Zum anderen unterliegen die in den Planungen ermittelten Kostenschätzungen anfallenden Unwägbarkeiten bei der baulichen Realisierung.

 

  1. Die geplante Erschließung von weiteren B-Plangebieten verursacht Kosten für Errichtung der erforderlichen Abwasseranlagen.

 

  1. Den hohen Investitionskosten für die Erweiterung des Klärwerks und der Errichtung des Regensammlers Süd sind keine zusätzlichen beitragsrelevanten Flächen zuzuordnen.

 

  1. Gegenüber den Ansätzen der Vorausschau im Jahr 2006 ist die Summe der beitragsrelevanten Flächen gesunken. Zum einen sind große Gewerbegebiete entweder gar nicht oder nur zum Teil erschlossen worden, zum anderen weichen die getroffenen Flächenschätzungen der vorangegangenen Kalkulation von den tatsächlich mit Beitrag beschiedenen Flächen ab. Aus heutiger Sicht betrachtet, sind die in der Vergangenheit getroffenen Ansätze zu optimistisch gewählt worden.

 

Die Kalkulation wurde in Zusammenarbeit mit der WIBERA erstellt. Die Ermittlung und Zuarbeit des umlagefähigen Investitionsaufwandes erfolgte durch das Abwasserwerk und den kaufmännischen Dienstleister, die Stadtwerke Greifswald GmbH. Die Flächenermittlung erfolgte durch das Amt 60.

 

  1. Bestätigung der Tiefenbegrenzung

 

Die anliegende Abwasserbeitragssatzung bestätigt die bisherige Tiefenbegrenzung.

 

Die Zulässigkeit von Tiefenbegrenzungen ist in der Rechtsprechung des VG Greifswald sowie des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich geklärt. In der Vergangenheit haben sich aber die Anforderungen zu ihrer Festsetzung verändert. Aus diesem Anlass hat es eine umfangreiche Erhebung im Beitragsgebiet zu den Grundstücks- und  Bebauungstiefen gegeben, welche im Ergebnis die Ortsangemessenheit der gewählten Tiefenbegrenzung der Abwasserbeitragssatzung der Universitäts- und Hansestadt Greifswald manifestiert.

 

Bei einer Tiefenbegrenzung handelt es sich um eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland und damit von der Anlage bevorteilt ist. Ohne Tiefenbegrenzung müssten sämtliche der Beitragspflicht unterliegende, unbeplante Grundstücke einzeln untersucht werden.

 

Die Tiefenbegrenzung muss sich als ortsangemessen darstellen. Das ortsgesetzgeberische Ermessen bei der Festsetzung der Tiefenbegrenzung ist auf der Grundlage einer sorgfältigen und willkürfreien Ermittlung der örtlichen Verhältnisse auszuüben. Zulässig ist eine auf repräsentativ ausgewählte Ortslagen gestützte Ermittlung (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2012, Az.: 1 L 286/11). Zur ordnungsgemäßen Ausübung des o.g. Ermessens ist die Ermittlung der Tiefenbegrenzung im Rahmen der nachstehenden Erläuterungen wie auch der Übersichten in Anlage 3 Gegenstand der Beschlussfassung.

 

Das Stadtgebiet umfasst 73 Fluren. Zunächst wurde in 38 Referenzfluren die tatsächliche Bebauungstiefe für die dort befindlichen einzelnen Grundstücke nach Stückzahl erfasst (Anlage 3, Tabelle 1). Die Erfassung erfolgte anhand von 5-m-Schritten, wobei bereits eine bauakzessorische Nutzung von 10 m (Terrasse, Garten, etc.) berücksichtigt wurde. Die auf diese Weise untersuchten Fluren haben insgesamt eine Fläche von 6.947.434 m2.

 

Die Fluren wurden ausgewählt, weil sie die in der Stadt typische Siedlungsstruktur wiedergeben. So ist der Innenstadtkern (Fluren 25 und 35) durch viele kleinflächige Grundstücke mit einer verdichteten, mehrgeschossigen Bebauung unmittelbar entlang der Straßen geprägt. Die Verdichtung lässt z.B. entlang der Wolgaster Straße und Schönwalde nach. Dort wird die Bebauung großzügiger, in gleichem Maße gewinnt dort auch die Grüngestaltung an Umfang. Dieser Prozess setzt sich in noch stärkerem Umfang in der Stadtrand- und Obstbausiedlung fort, wo die Grundstücke einen starken Grünanteil für Vor- und Nutzgärten aufweisen und die bebaute Fläche (Einfamilienhäuser) abnimmt. Die Bauten befinden sich typischerweise zurückgesetzt und nicht unmittelbar an der Straße, so dass die Bebauungstiefe insgesamt zunimmt. In den Sonder- und Gewerbegebieten sind die Grundstücke ihrer Nutzung entsprechend großzügig geschnitten und mit einer entsprechend großflächigen Bebauung (Lager-, Fertigungs- und Montagehallen, Universitäts-Gebäude, Einkaufszentrum) versehen, die nicht unmittelbar an der Straße beginnen und sich weit in die Tiefe erstrecken. Die Charakteristik der untersuchten Fluren wurde in Anlage 3, Tabelle 2, Spalte 1 erläutert. Die Schwerpunkte der ermittelten Bautiefen sind in Spalte 3 wiedergegeben.

 

Den untersuchten Referenzfluren wurden alsdann vergleichbare Fluren zugeordnet. Die Gründe für die Zuordnung enthält Anlage 3, Tabelle 2, Spalte 2. Auf diese Fluren wurden die ermittelten Bebauungstiefen ihrer jeweiligen Referenzflure in prozentualer Hinsicht übertragen. Anlage 3, Tabelle 3 weist abschließend die prozentuale Verteilung der Bebauungstiefen für die übertragenen und Referenzfluren gemeinsam aus.

 

Aus der Anlage 3, Tabelle 3 ergibt sich, dass im Stadtgebiet am häufigsten Grundstücke mit einer Bebauungstiefe von 25 m (23,64%) anzutreffen sind, gefolgt von Grundstücken mit einer Bebauungstiefe von 30 m (19,49 %). Gleichwohl soll aus folgenden Erwägungen die ortsübliche Bebauungstiefe bei 50 m angenommen und die Tiefenbegrenzung entsprechend festgesetzt werden.

 

Die Tiefenbegrenzung muss sich an den örtlichen Verhältnissen, also der ortsüblichen Bebauungstiefe orientieren. Ortsüblich ist dabei im Sinne von: „normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen“ zu verstehen. Das entspricht der Grenze, über die hinaus eine bauliche Nutzung in der Regel nicht mehr stattfindet. Diese Grenze lässt sich weder arithmetisch ermitteln, noch ist zwingend an die am stärksten vertretene Bebauungstiefe anzuknüpfen. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern eine zahlenmäßig ausreichend große Korridorgruppe von Grundstücken, deren Bebauungstiefe bis zum festgesetzten Wert endet (also z.B. von 20 m bis 50 m), maßgeblich sein. Voraussetzung ist dabei die Aufrechterhaltung des Regel-Ausnahme-Charakters.

 

Bei einer Tiefenbegrenzung von 50 m bestätigen immerhin ca. 86 % der Grundstücke die Regel, dass eine Bebauung darüber hinaus nicht erfolgt, während die verbleibenden nur 14 % den Ausnahmecharakter aufrechterhalten. Würde man hingegen auf 30 m abstellen, stiege der Anteil der von der Ausnahme betroffenen Grundstücke auf fast 40 %, bei 25 m läge er bei schon ca. 58,9%, was den Ausnahmecharakter in Frage stellen bzw. umkehren würde.

 

Hinzu tritt, dass der für die Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich maßgebliche Bebauungszusammenhang nicht zwangsläufig mit der Außenwand der letzten Bebauung endet. Zwar sind bei der Erfassung der Bebauungstiefen pauschal auch 10 m für eine bauakzessorische Nutzung (Hausgarten, Terrasse, etc.) beachtet worden. Wegen dieser nur pauschalen Betrachtung und weil gerade auch topographische Verhältnisse etc. für die Abgrenzung eine Rolle spielen und bei der Ermittlung außer Betracht bleiben mussten, sollte die Festsetzung bei 50 m erfolgen.

 

Bei der vorgeschlagenen Grenzziehung wird auch dem im Beitragsrecht zu beachtenden Vorteilsprinzip Rechnung getragen, wonach sich die Höhe des Beitrages nach den Vorteilen bemisst, die die Anlage dem Grundstück vermittelt.

 

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Anlagen

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Beschlüsse

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10.11.2014 - Ausschuss für Finanzen, Liegenschaften und Beteiligungen - zurückgezogen

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08.12.2014 - Bürgerschaft (BS)