Beschlussvorlage der Verwaltung - 06/422

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald beschließt:


Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald sowie ihre Eigenbetriebe vermieten bzw. überlassen künftig kommunale oder im Besitz der Eigenbetriebe befindliche Flächen nur noch an Zirkusbetriebe, die keine Tiere wildlebender Arten, sog. Wildtiere mitführen. 
Bereits geschlossene Verträge bleiben hiervon unberührt.
 

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gegebenenfalls notwendige Satzungsänderungen vorzunehmen.

 

Unter „Wildtieren“ sind folgende Arten zu verstehen: Affen, Greifvögel, Flamingos, Pinguine, Nashörner, Wölfe, Alligatoren, Krokodile, Bären, Elefanten, Flusspferde, Giraffen, Zebras, Großkatzen.

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Sachdarstellung

Wildtiere können in reisenden Zirkusbetrieben nicht tiergerecht gehalten werden.

Daher hat der Bundesrat bereits 2003 und nochmals 2011 eine Entschließung für ein Verbot von Wildtieren in Zirkusbetrieben gefasst [1]. Die Bundesregierung ist der zweimaligen Initiative des Bundesrates bisher nicht nachgekommen und beabsichtigt auch in Zukunft kein Verbot auf Bundesebene [2].

Die Bundestierärztekammer als veterinärmedizinisch höchstes Gremium in Deutschland spricht sich ebenfalls für ein Wildtierverbot im Zirkus aus [3]. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft teilte 2014 mit, dass im zuletzt erfassten Berichtsjahr 2011 insgesamt 895 amtstierärztliche Kontrollen in Zirkusbetrieben durchgeführt wurden. Dabei stellten die Veterinäre 409 Verstöße gegen die Haltungsanforderungen für Tiere fest – also bei fast jeder zweiten Kontrolle [4].

 

18 europäische Länder, darunter die Niederlande, Österreich und Belgien, haben aus Gründen des Tierschutzes bereits bestimmte Arten wildlebender Tiere im Zirkus verboten.

 

Da nicht absehbar ist, wann ein entsprechendes Verbot bundesweit eingeführt wird, haben bereits über 35 Städte in Deutschland, beispielsweise Köln, Erlangen, Speyer, Potsdam und Worms, Beschränkungen für Zirkusbetriebe, die mit Wildtieren reisen, beschlossen [5].


Dem sollte sich die Universitäts- und Hansestadt Greifswald anschließen [6].

 

Diverse große Zirkusunternehmen, darunter auch der Circus Roncalli, verzichten mittlerweile freiwillig auf Wildtiere. Bernhard Paul, Mitbegründer und Direktor des Circus Roncalli, hält die Haltung von Wildtieren im Zirkus nicht mehr für zeitgemäß. Damit entspricht er der Meinung von über 80% der Deutschen, die lt. einer repräsentativen FORSA-Umfrage vom Mai 2014 die Auffassung vertreten, dass Wildtiere nicht artgerecht im Zirkus gehalten werden können.

 

Auch unter dem Aspekt der Gewährleistung der Sicherheit und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ist die Haltung von exotischen Tieren im reisenden Zirkusbetrieb abzulehnen. Immer wieder brechen Tiere aus ihren Stallungen und Käfigen aus. Dabei werden häufig Menschen verletzt sowie Verkehr und Tiere gefährdet. Im Juni 2015 wurde im baden-württembergischen Buchen ein Passant von einem aus einem Zirkus ausgebrochenen Elefanten zu Tode gedrückt. Neben Elefanten sind Großkatzen die gefährlichsten Tiere in Zirkusbetrieben. Mehrere Ausbrüche und schwere Unfälle wurden auch in Deutschland in den letzten Jahren registriert.

 

Die im Beschlusstext benannten Wildtierarten tragen dem Rechnung. Neben den Tierarten, die der Bundesrat 2003 und 2011 benannt hatte, sowie den Tierarten, die in den Zirkusleitlinien des Bundeslandwirtschaftsministeriums sowie den darin enthaltenen Stellungnahmen genannt werden, sollten auch Großkatzen, Alligatoren, und Krokodile ausgeschlossen werden. Bei diesen Tierarten können Gefährdungen von Menschen bei Ausbrüchen nicht ausgeschlossen werden.

 


Quellen:

 

[1] www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2011/0501-0600/0565-11.html

[2] www.zdf.de/frontal-21/wildtierverbot-im-zirkus-quaelerei-in-der-manege-37400800.html

[3] www.bundestieraerztekammer.de/index_btk_presse_details.php?X=20120222210840

[4] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/026/1802690.pdf

[5] www.peta.de/VerbotWildtiereImZirkus

[6] Der vorliegende Antrag orientiert sich an den Empfehlungen von Dr. Christoph Maisack, Experte im Tierschutzrecht, ehemaliger Richter und Autor einschlägiger Literatur, der in seiner Funktion als Landestierschutzbeauftragter im baden-württembergischen Umweltministerium (MLR) in einem Kurzgutachten die Rechtslage sowie ein Urteil des VG Darmstadt aus dem Jahr 2012 analysiert und Empfehlungen für Städte gegeben hat, wie ein kommunales Zirkus-Wildtierverbot rechtskonform durchsetzbar ist:

http://mlr.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mlr/intern/dateien/PDFs/SLT/15_07_10_Zirkusse_mit_Wildtieren_in_kommunalen_oeffentlichen_Einrichtungen.pdf

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Beschlüsse

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07.09.2015 - Ausschuss für Finanzen, Liegenschaften und Beteiligungen

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08.09.2015 - Ausschuss für Bauwesen, Umwelt, Infrastruktur und öffentliche Ordnung

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14.09.2015 - Hauptausschuss (HA) - auf TO der BS gesetzt

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28.09.2015 - Bürgerschaft (BS)