Informationsvorlage - 06/1766

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur nimmt das Ergebnis der Prüfung des Oberbürgermeisters bezüglich der Angebotsverbesserung an gut zugänglichen Sanitäranlagen durch die Gastronomie zur Kenntnis.

Reduzieren

Sachdarstellung

Mit Bürgerschaftsbeschluss B674-25/18 vom 22.02.2018 hat die Bürgerschaft den Oberbürgermeister beauftragt zu prüfen, inwieweit die Gastronomie, insbesondere an Orten mit erhöhtem Bedarf (z.B. Innenstadt, Eldena), dazu beitragen kann, das Angebot an gut zugänglichen Sanitäranlagen zu verbessern. Dabei konnten sowohl bestehende Systeme (z.B. „Nette Toilette“) als auch eigene Ansätze einbezogen werden.

 

Die Abteilung Wirtschaft und Tourismus wurde durch den Oberbürgermeister mit dieser Prüfung beauftragt. Die Thematik wurde daher vor allem aus touristischer Sicht geprüft und bewertet.

 

  1. Aktuelle Recherchen zum System „Nette Toilette“

 

Sowohl im seinerzeit der Bürgerschaft zur Kenntnis gegebenen „WC-Konzept“ aus dem Jahr 2012 als auch bei der Aktualisierung dieser Ausführungen 2016 wurden bereits Vor- und Nachteile des Systems „Nette Toilette“ aufgezeigt.

 

Im Rahmen des Prüfauftrages wurde nochmals recherchiert, wie dieses System von anderen Städten genutzt wird und inwieweit es sich noch um ein wachsendes Lizenzsystem handelt, bei dem es sich als Stadt lohnt, beizutreten.

 

Erfahrungen von Städten, die das System „Nette Toilette“ nutzen bzw. genutzt haben

 

Bremen

In der Sachdarstellung der Beschlussvorlage (BS-Beschluss B674-25/18) wurde als Positivbeispiel die Stadt Bremen angeführt und aufgezeigt, welche Kostenersparnis durch das System „Nette Toilette“ erreicht werden könnte. Die Informationen stammen allerdings schon aus dem Jahr 2009.

Aktuell stellt sich die Teilnahme am System nicht mehr so positiv dar. Lt. „WESER-KURIER“ vom 12.01.2018 „… gibt es in Bremen seit einigen Jahren das Konzept der „netten Toilette“, bei dem Gastronomen ihr WC auch den Besuchern gratis zur Verfügung stellen, die nichts bei ihnen verzehren. Aber in der Innenstadt finden sich immer weniger Lokale, die eine solche Toilette anbieten. Die Liste im Internet oder in der App der „Netten Toilette“ ist nicht auf dem neusten Stand. Acht der aufgeführten Gastronomien und Einzelhandelsgeschäfte gibt es nicht mehr, oder sie nehmen an der Aktion nicht mehr teil. Im Bereich der Altstadt sind heute von ehemals 17 noch neun „nette Toiletten „übrig.“ Weiter heißt es hier an anderer Stelle: „Öffentlich heißt allerdings nicht kostenlos, sondern lediglich frei zugänglich…“ (gemäß Zitat des Zuständigen für öffentliche Toiletten in der dortigen Baubehörde). 

An anderer Stelle des Artikels wurde klar und deutlich formuliert:„ Einen Anspruch darauf, eine Toilette kostenlos zu nutzen, hat man übrigens nicht. Selbst dann nicht, wenn man in ein Restaurant einkehrt und zahlender Gast ist. Es liegt im Ermessen des Betreibers, ob er seine Sanitäranlagen kostenlos zur Verfügung stellt oder nicht. Gesetzlich ist nur geregelt, ob und wie viele Toiletten bereitgestellt werden müssen“.

 

Stade/Buxtehude

Unter der Überschrift: „Stade: Kaum Interesse an „netter Toilette“ ist in der Kreiszeitung-Wochenblatt am 22.08.2017 u. a. zu lesen: „Wo ist die nächste öffentliche Toilette? Die sind in Stade nicht immer leicht zu finden. Das Projekt „Nette Toilette“, bei der Bürger kostenlos die Klos  von Restaurants oder anderen Geschäften benutzen dürfen, sollte eigentlich Abhilfe schaffen. In Buxtehude wurde die Aktion kürzlich leise beerdigt (das Wochenblatt berichtete). Nur sechs Betriebe wollten mitmachen. Zu wenig für die Stadt. In Stade sind es auch nicht viel mehr. Sieben Geschäfte von weit über 100 möglichen machen nur mit. Ist die „Nette Toilette“ auch in Stade ein Flop?“

Nach aktueller Sichtung der Internetseite www.die-nette-toilette.de ist Stade noch bei den teilnehmenden Städten gelistet, Buxtehude nicht.

 

Garbsen

In der Hannoverschen Allgemeinen vom 25.05.2015 ist zu lesen: „Gastronomiebetriebe zeigen wenig Interesse, ihre Sanitäranlagen öffentlich zur Verfügung zu stellen. Die Stadt hat 61 Betriebe und Vereinsgaststätten angefragt, 17 haben geantwortet. Zehn lehnen die Idee ab, sieben sagen Ja, darunter vier Vereinsheime.“

An anderer Stelle des Artikels heißt es: „In Garbsen hat die Verwaltung in ihrem Schreiben deutlich gemacht, dass sie sich nicht an den Kosten einer vielleicht intensiveren Reinigung beteiligen kann. Den Betrieben geht es aber nicht ums Geld. In Antworten heißt es: Natürlich lassen sie jederzeit etwa Mütter mit Kindern auf die Toilette, aber nicht Betrunkene. Im Einzelfall wollen sich die Betriebe die Entscheidung selbst vorbehalten, schreibt die Verwaltung.“

 

Husum

In der Veröffentlichung der Pressestelle der Stadt Husum vom 15.08.2016 heißt es: “Im Rahmen der Kampagne „Nette Toilette“ stellen innenstadtnahe Geschäfte seit 2013 ihre WCs zur Verfügung, um das Fehlen der öffentlichen Toilette im Kernbereich der Stadt für Einheimische und Urlaubsgäste zu kompensieren. Das wird auch bis zur Fertigstellung des neuen Toilettenhäuschens so bleiben und die ist Anfang Dezember geplant.“ In der Veröffentlichung der Pressestelle der Stadt Husum vom 27.01.2017 wird dann die Eröffnung der neuen WC-Anlage im Schlossgang bekanntgegeben. An einer Stelle heißt es da: „Die Kampagne „Nette Toilette“ wird mit dem Start der neuen WC-Anlage im Schlossgang eingestellt.“  

 

Die Stadt Husum ist aktuell noch auf der Internetseite www.die-nette-toilette.de gelistet, obwohl sie sich an dieser Aktion nicht mehr beteiligt.   

 

München

In der Ausgabe der Münchner Abendzeitung vom 30.11.2017 heißt es u.a. unter dem Artikel „Pinkeln beim Wirt - Die „Nette Toilette“ ist gescheitert“: Gastronomen bieten ein stilles Örtchen für alle gegen einen städtischen Obolus – klingt nett, funktioniert aber nicht.“

Es wird geschildert, wie schwierig es war, vor allem in den Randbezirken Kooperationspartner für die Aktion „Nette Toilette“ zu finden. Mindestens 15 Restaurants oder Bars innerhalb des Altstadtrings müssten mitmachen, da ansonsten das Ganze keinen Sinn habe.

 

 

Ergebnis der Prüfung:

 

Aus touristischer Sicht wird ein Beitritt der Universitäts- und Hansestadt Greifswald zur Initiative „Nette Toilette“ nicht empfohlen. Nach aktueller Recherche bestätigt sich die frühere Einschätzung, dass das System nur bedingt funktioniert und das Netz an teilnehmenden Städten tendenziell kleiner wird.               Auf der Internetseite der lizenzgebenden Agentur Studioo GmbH (www.die-nette-toilette.de) bzw. in der zugehörigen App wird ersichtlich, dass aus den neuen Bundesländern, speziell aus Mecklenburg-Vorpommern, außer Parchim, keine Stadt an diesem System beteiligt ist. Es werden Städte aufgelistet, die gar nicht mehr mitmachen, wie z.B. Husum.

Bei einigen teilnehmenden Städten (z.B. Soltau und Jena) sind WCs gar nicht eingetragen. Die Qualität der begleitenden App ist lt. Nutzerbewertungen mäßig mit 2,5 von 5 Sternen maximaler Bewertung.

 

Die „Greifswald-App“ enthält einen Toilettenfinder mit ca. 30 öffentlich zugänglichen WCs im Stadtgebiet. Es sollte aus städtischer Sicht daran festgehalten werden, nach und nach weitere öffentliche WCs an (touristisch) besonders relevanten Stellen aufzustellen. Dazu gehören die ämterübergreifend festgelegten Standorte im Umfeld des Südbahnhofs, in Wieck am Eingang des Strandbads und der Parkplatz „Alte Schmiede“ für die Besucher der Klosterruine. Der erstgenannte Standort wird 2019 errichtet. Auch im Museumshafen wird nach wie vor ein Bedarf gesehen, auch nachdem eine kurzfristige Realisierung einer öffentlichen Toilette durch den Ausgang des Bürgerentscheids „Museumshafen bleibt grün“ nicht möglich wurde. Es sollte angestrebt werden, gemeinsam mit dem Partner Ströer, zuständig für Stadtmöblierung, schnellere Realisierungsmöglichkeiten zu prüfen, als es durch den kommunalen Haushalt in Eigenregie möglich ist. 

 

Ein Engagement von Betrieben, wie z.B. der Stadtbäckerei Junge, ihre WCs jedermann kostenfrei zur Verfügung  zu stellen, bleibt der Entscheidung  jedes einzelnen Unternehmers vorbehalten.

 

Begründung:

 

  1. Nach den durchgeführten Recherchen könnte sich an tourismusrelevanten Standorten eine Beteiligung am System „Nette Toilette“ sowohl für Gastronomen als auch für die Stadt nachteilig auswirken.

Für die Gastronomen könnte der Aufwand (z.B. die Betreiberkosten, Vandalismus-Schäden) höher sein als der von ihnen erwartete Nutzen (zusätzliche Einnahmequelle, Steigerung der Gästezahlen).

Für die Stadt würde die Beteiligung zusätzliche Kosten verursachen (durch die Zahlung eines gestaffelten Obolus für die am System beteiligten Gastronomen, zusätzlichen Verwaltungsaufwand bzgl. der Handhabe der Auszahlungsmodalitäten). Hinzu fällt eine jährliche Systemgebühr in Höhe von 1.904 EUR an.

Für die Nutzer stellt die “Nette Toilette“ kein verlässliches System dar, da weder die App noch die Internetseite laufend gepflegt werden.

 

  1. Nach Gesprächen mit Vertretern der DEHOGA vor Ort gibt es unterschiedliche Standpunkte zur „Netten Toilette“. Gastronomen, die diese Aktion begrüßen, versprechen sich wachsende Gästezahlen davon. Andere lehnen eine Beteiligung nachvollziehbar ab. Letztere begründen es damit, dass sie keine Überkapazitäten haben und nur über so viele Toiletten verfügen, wie sie entsprechend ihrer Objektgröße baulich vorzuhalten haben. Reisegruppen durch gezielte Werbung für die Toiletten anzulocken, halten sie für problematisch, einerseits aus den genannten Kapazitätsgründen und andererseits im Hinblick auf Belästigungen für anwesende speisende Gäste. Machen in einer Stadt nur wenige Gastronomen mit, würde sich die Nutzung auf deren WCs konzentrieren. Eine breite Bereitschaft zur Teilnahme wird durch einzelne geführte Gespräche mit Gastronomen nicht gesehen.
     
  2. Durch die in den nächsten Jahren geplanten Toilettenbauten wäre es möglich, die Situation des Bedarfes an WC-Anlagen an den dafür vorgesehenen Standorten gesamtstädtisch (sowohl für Einwohner als auch Touristen) schrittweise zu verbessern. Es entstehen dadurch neue Standorte ergänzend zu den bereits vorhandenen WC-Lösungen, die sicherlich teurer als die Systemteilnahme bei der „Netten Toilette“ sind, aber bedarfsgerecht und dauerhaft die Problematik lösen. 
Loading...

Beschlüsse

Erweitern

12.03.2019 - Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur