Informationsvorlage - IV/07/0085

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Beratungsfolge

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Sachdarstellung

Am 16.08.2022 wurde in der Sitzung des Ausschusses für Bauwesen, Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Nachhaltigkeit ein Zwischenstand für das Planungsvorhaben Umgestaltung Knotenpunktbereich Walther-Rathenau-Straße / Rudolf-Petershagen-Allee vorgestellt. Die von der Verwaltung favorisierten Varianten wurden von den Mitgliedern des Ausschusses nicht befürwortet. Durch die Verwaltung sollten zusätzliche Vorschläge geprüft werden.

 

Die Prüfungen durch die Fachämter haben folgende Ergebnisse erzielt:

 

1. Shared space

In der Straßenverkehrsordnung (StVO) gibt es keinen eigenen Rechtsbegriff für Shared Space. Möglich ist die Ausweisung eines verkehrsberuhigten Bereiches, um eine Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer*innen zu erzielen. Dabei gilt die Grundregel der StVO - das Gebot der Rechts-vor-Links-Regelung.

Allerdings erfüllt der Knotenpunkt W.-Rathenau-Straße / R.-Petershagen-Allee nicht die für eine verkehrsrechtliche Anordnung des VZ 325 (verkehrsberuhigter Bereich) maßgebenden Voraussetzungen, u.a.

  • Die Straßen oder Bereiche müssen eine überwiegende Aufenthaltsfunktion aufweisen.
  • Fuß- und Fahrzeugverkehr sind gleichberechtigt, zu Fuß Gehende dürfen die gesamte Straße nutzen und Kinderspiele sind überall erlaubt.
  • Die Straßen dürfen nur von sehr geringem Verkehr frequentiert werden und nicht als Durchgangsstraßen dienen.

Zu beachten ist, dass auch in einem verkehrsberuhigten Bereich der Geh-/ Radweg R.-Petershagen-Allee (Fahrradachse) von der Rechts-vor-links-Regelung ausgenommen und damit weiterhin untergeordnet wäre.

 

Ergebnis: Die Ausweisung eines verkehrsberuhigten Bereiches ist straßenverkehrsrechtlich nicht anordnungsfähig.

 

1a. Shared space - Beispiel Duisburg

In dem angesprochenen Beispiel aus Duisburg wurde die Straße vor dem Theater nach einer Umgestaltung des Platzes als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen. In einem Online-Artikel der Rheinischen Zeitung (Duisburg: Ein Platz für alle (rp-online.de)) sind u.a. folgende Aussagen eines im Auftrag der Stadt beauftragten Gutachtens enthalten:

  • Die Fahrzeuge waren zwar langsam unterwegs, aber keineswegs in Schrittgeschwindigkeit, damit entstand ein subjektives Unsicherheitsgefühl
  • Radfahrende achteten nur wenig auf den Autoverkehr und kreuzten den Platz ohne Blickkontakt zu den Autofahrenden.
  • Der Durchgangsverkehr ist erheblich gesunken (2002 ca. 22 000 Fahrzeuge pro Tag, 2011 ca. 13.900).
  • Zahl der Passanten deutlich gestiegen.
  • Die Unfallzahlen schwanken deutlich, keine Unfälle mit Schwerverletzten.

 

 Gegenseitige Rücksichtnahme ist auf dem Platz vor dem Theater geboten. Der Autoverkehr ist hier eindeutig rückläufig.

Foto: Probst, Andreas

 

Ergebnis: Das Beispiel Duisburg spiegelt eine deutlich andere Verkehrssituation (Verkehrsaufkommen, Platzverhältnisse und Platzgestaltung, Unfallgeschehen) wieder und kann nicht auf die Situation in der W.-Rathenau-Straße übertragen werden.

Die Prüfung eines verkehrsberuhigten Bereiches ist bereits unter Punkt 1 erfolgt.

 

 

2. Sperrung der Walther-Rathenau-Straße für Kfz-Verkehr

Bei dieser Variante würde eine Sperrung der Walther-Rathenau-Straße im Abschnitt zwischen nördlicher und südlicher R.-Petershagen-Allee erfolgen. Die Durchfahrt wäre nur für den Radverkehr, ÖPNV und Rettungsfahrzeuge gestattet. Dies wäre mit folgenden Auswirkungen für den Kfz-Verkehr verbunden:

  • Erhöhtes Verkehrsaufkommen in der nördlichen und südlichen R.-Petershagen-Allee und J.-Stelling-Straße durch Verkehrsverlagerung mit neuem Konfliktpotenzial zwischen Kfz- und Radverkehr.
  • Zusätzliches Verkehrsaufkommen im Umfeld des denkmalgeschützten Rosengartens.
  • Umwegige Zufahrt zur Universitätsmedizin für Beschäftigte, Patient*innen und Besucher*innen aus Richtung Wolgaster Straße.
  • Bauliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Sperrung erforderlich, z.B. absenkbare Poller, die für den Radverkehr Gefährdungspotential mit sich bringen und kosten- und pflegeaufwändig sind.

 

Ergebnis: Unter Beachtung dieser Auswirkungen auf den Fahrzeug- und auch den Radverkehr wird eine Sperrung seitens der Fachämter nicht befürwortet.

 

 

3. Bevorrechtigung des Radverkehrs entlang der Fahrradachse - neue Variante 7

Für die Bevorrechtigung des Radverkehrs ist die Weiterführung der Fahrradachse über die W.-Rathenau-Str. in Richtung Rosengarten erforderlich. Vom beauftragten Planungsbüro wurde eine diesbezügliche Variante mit einem geringen Eingriff in den Rosengarten erarbeitet (Variante 7 - siehe Anlage). Rad- und Fußverkehr werden dabei bevorrechtigt über die W.-Rathenau-Straße geführt, der Verkehr (einschl. Radverkehr) im Verlauf der W.-Rathenau-Straße ist untergeordnet und muss die Vorfahrt gewähren.

 

Planausschnitt Variante 7

 

Im Ergebnis der Prüfung der Variante 7 wird diese aus verkehrsplanerischen und straßenverkehrsrechtlichen Gründen abgelehnt.

Problematisch sind u.a. folgende Punkte:

  • Durch die Bündelung des Fuß- und Radverkehrs im Querungsbereich entstehen zahlreiche Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmern, insbesondere auf Grund der Vielzahl an Abbiegemöglichkeiten
  • Im Rosengarten müssen die zu Fuß Gehenden die Fahrradachse queren.
  • Im Zugangsbereich des Rosengartens befindet sich eine Böschung. Hier wären bauliche Maßnahmen zur Absicherung des Radverkehrs erforderlich unter Beachtung der Zugänglichkeit zum Rosengarten für zu Fuß Gehende.
  • Radverkehr und spielende Kinder sind voneinander abzugrenzen.
  • Die fast rechtwinklige Führung des Radweges ist nicht benutzerfreundlich. Für eine verbesserte Befahrung wäre ein größerer Eingriff in den denkmalgeschützten Rosengarten erforderlich, der nicht genehmigungsfähig ist.
  • Für Verkehrsteilnehmer*innen auf der W.-Rathenau-Straße sind die Radfahrenden und ihre Querungsabsichten ggf. nicht rechtzeitig erkennbar, so dass das Unfallrisiko steigt.
  • Die Radwege können zu einer entgegengesetzten Nutzung der Einbahnstraße der südlichen R.-Petershagen-Allee führen.
  • Die Einmündung des Radweges in die nördliche R.-Petershagen-Allee birgt ebenfalls Konfliktpotential.

 

Seitens der Straßenverkehrsbehörde wird die Einrichtung eines Fußgängerüberweges auf Grund des ermittelten Fußgängeraufkommens und der nicht realisierbaren Bündelung des Fußverkehrs an der Querungsstelle nicht empfohlen und als nicht notwendig angesehen.

Die Einrichtung der bevorrechtigten Querung für den Radverkehr stellt aus Sicht der Straßenverkehrsbehörde ein erhöhtes Unfallrisiko dar und wird ausdrücklich nicht empfohlen. Eine verkehrsrechtliche Anordnung würde durch die geltenden Rechtsverordnungen, Richtlinien und Empfehlungen nicht ausreichend begründet bzw. die geforderten Grundvoraussetzungen / Vorschriften nicht eingehalten. Aus Sicht der unteren Straßenverkehrsbehörde ist der vorgelegte Plan der Variante 7 nicht anordnungsfähig.

 

Eine nochmalige Beteiligung des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege ist auf Grund der o.g. Prüfergebnisse nicht erfolgt.

 

Ergebnis: Eine Bevorrechtigung für den Radverkehr entlang der Fahrradachse ist nicht realisierbar.

 

 

4. Nochmalige Prüfung der Vorzugsvarianten der Vorplanung

Im Ergebnis der Vorplanung wurden die Varianten 4a und 5 durch die Verwaltung favorisiert und in der Sitzung am 16.08.2022 im Ausschuss vorgestellt. Diese Varianten wurden nochmals geprüft und bewertet:

 

4a. Beidseitige Radschutzstreifen, Querungshilfe im Norden, Verlegung des Gehweges in den Rosengarten - Variante 4a

 

 

Vorteile

  • Senkung des Geschwindigkeitsniveaus auf der W.-Rathenau-Straße.
  • beidseitige breite Radschutzstreifen
  • Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege akzeptiert die Verlegung des straßenbegleitenden Gehweges hinter die Baumreihe an der Ostseite des Rosengartens.

 

Nachteile

  • Keine Bevorrechtigung des Radverkehrs entlang der Fahrradachse.
  • Querungshilfe für zu Fuß Gehende nur im Norden
  • Fahrbahnbreite von 9,20 m bedingt lange Querungsstrecke für zu Fuß Gehende

 

Hinweis: Keine Radfahrsteifen möglich, da der Begegnungsverkehr Bus/Bus zu gewährleisten ist. Stattdessen Markierung von breiten Radschutzstreifen (1,85 m).

 

4b. Langgestreckte Mittelinsel mit Pflanzinseln, Radschutzstreifen und Verlegung des Gehweges in den Rosengarten - Variante 5

 

 

Vorteile:

  • Senkung des Geschwindigkeitsniveaus auf der W.-Rathenau-Straße durch Mittelstreifen und Pflanzinseln. Die zusätzliche optische Einengung gegenüber den anderen Varianten führt zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und verringerten Fahrgeschwindigkeiten.
  • Komfortabel begeh- und überfahrbarer Mittelstreifen.
  • Breite Aufstellfläche für Fußverkehr
  • Aufstellfläche für abbiegende Radfahrende (auch für Sonderräder)
  • Bepflanzung des Mittelstreifens verhindert eine durchgängige Befahrung z.B. durch den Radverkehr, wodurch Konflikte vermieden werden können.
  • Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege akzeptiert die Verlegung des straßenbegleitenden Gehweges hinter die Baumreihe an der Ostseite des Rosengartens.

 

Nachteile:

  • Keine Bevorrechtigung des Radverkehrs entlang der Fahrradachse.

 

 

Fazit

Im Ergebnis der Prüfung der Vorschläge aus dem Ausschuss für Bauwesen, Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Nachhaltigkeit und der nochmaligen Bewertung der Vorzugsvarianten der Vorplanung verbleiben die Varianten 4a und 5 als Vorzugsvarianten des Planungsbüros und der Fachämter. Dabei bietet die Variante 5 insgesamt mehr Vorteile.

 

Die Planung soll mit der weiteren Bearbeitung der Variante 5 fortgesetzt werden (Erarbeitung der Entwurfsplanung).

 

Anmerkungen:

  • Im jetzigen Zustand sind geschwindigkeitsdämpfende Maßnahmen (Berliner Kissen) im Zusammenhang mit zwei kleinen Mittelinseln und eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h in Verbindung mit dem Verkehrszeichen Achtung Radverkehr vorhanden. Es besteht keine Unfallhäufungsstelle, sodass die vorhandene Führung als ausreichend sicher eingestuft werden kann.
  • Die Planung und Umsetzung der Umgestaltung des westlichen Rosengartens kann unabhängig von der Gestaltung der Querung an der Walther-Rathenau-Straße erfolgen.

 

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Anlagen

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Beschlüsse

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06.09.2023 - Ortsteilvertretung Innenstadt (OTV In) - zurückgezogen

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