Beschlussvorlage der Verwaltung - 06/774
Grunddaten
- Betreff:
-
Mobilität: CarSharing und Elektromobilität im Verkehrsverbund
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage der Verwaltung
- Federführend:
- Import
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Geplant
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Senat (S)
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Beratung im Senat
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Geplant
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Ausschuss für Bauwesen, Umwelt, Infrastruktur und öffentliche Ordnung
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Beratung
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20.09.2016
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Erledigt
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Hauptausschuss (HA)
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Beratung
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27.09.2016
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Erledigt
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Bürgerschaft (BS)
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Beschlussfassung
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10.10.2016
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Erledigt
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Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Nachhaltigkeit
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Beschlusskontrolle
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12.03.2020
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Erledigt
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Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Nachhaltigkeit
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Beschlusskontrolle
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28.05.2020
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Beschlussvorschlag
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum 31.12.2017 ein Konzept zur „geteilten Mobilität“ für die Universitäts- und Hansestadt Greifswald zu entwickeln. Insbesondere soll das bestehende CarSharing-Angebot ausgeweitet werden. Folgende Parameter sind für das Gesamtkonzept zu prüfen.
Duale Fahrzeugnutzung: Teile des städtischen Fuhrparks sollen außerhalb der Geschäftszeiten als CarSharing-Fahrzeuge zur Verfügung stehen.
Es soll eine größere Vielfalt an Fahrzeugklassen für das CarSharing zur Verfügung stehen um unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Die Flotte soll auch Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb und/oder Hybridantrieb beinhalten. Entsprechende Ladestationen sollen mit Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung oder Strom aus regenerativen Quellen betrieben werden.
Entsprechend der Förderung von E-Mobilität im Rahmen des CarSharings, des Fuhrparkmanagements und des betrieblichen Mobilitätsmanagements soll parallel eine grundlegende Ladeinfrastruktur aufgebaut werden. Im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit soll jedoch auch die Schaffung eines CarSharing-Standorts mit E-Ladesäule am Marktplatz geprüft werden.
Die Standorte für CarSharing-Fahrzeuge sollen vielfältiger werden. Insbesondere in Bereichen mit hoher Bevölkerungsdichte (Schönwalde I und II, Ostseeviertel) sollen Standorte entwickelt werden.
Die Tarife des CarSharings sollen vielfältiger werden, um Bedarfen unterschiedlicher Nutzer (Gelegenheitsnutzer, Vielnutzer) gerecht zu werden. Eine Kombination aus Tarifen für das CarSharing und den Öffentlichen Personennahverkehr im Rahmen einer Mobilitätskarte soll geprüft werden.
Das Buchungs- und Belegungssystem muss verbessert werden. Kunden sollen einfach herausfinden können, welche Fahrzeuge an welchen Standorten und zu welchen Zeitpunkten verfügbar sind. Zu diesem Zweck sollte auch eine Applikation für mobile Endgeräte verfügbar sein.
Es soll geprüft werden, ob eine Kooperation mit Umlandgemeinden oder auch mit der Hansestadt Stralsund möglich und sachdienlich ist.
Für das CarSharing-Angebot muss ein Marketingkonzept entwickelt und umgesetzt werden.
Zusätzlich soll geprüft werden, ob die Stadt auch private CarSharing-Angebote fördern oder unterstützen kann.
Die Nutzung des bestehenden CarSharing-Angebots soll evaluiert und diese Evaluation mit der Verbesserung des Angebots im Hinblick auf die Ziele des CarSharings fortgeführt werden.
Ähnlich dem CarSharing-System soll komplementär ein Leihsystem für Lastenräder entwickelt werden.
Weiterhin soll geprüft werden, ob für das Gesamtprojekt oder Teile des Konzeptes sowohl in der Planung, als auch in der Umsetzung Förderungen durch Programme des Landes, des Bundes oder der Europäischen Union möglich sind.
Sachdarstellung
CarSharing wurde in der Vergangenheit als Teillösung in verschiedenen Konzepten der Universitäts- und Hansestadt eingeplant [1,2,3,4]. In Greifswald existiert CarSharing seit April 2014. In der Vergangenheit standen drei Klein- bzw. Kleinstwagen zur Verfügung, die von einer überschaubaren Personengruppe genutzt werden. Insgesamt war das Angebot nicht wirtschaftlich [5] und stellte offenbar auch die Kunden nicht zufrieden [6]. Das bisherige CarSharing-Angebot war daher vermutlich im Hinblick auf die erwünschten Effekte nur teilweise wirksam.
Ziele eines effizienten CarSharing Angebots sind die Verringerung des PKW-Anteils am Modal Split [7], eine Verringerung des Parkraumbedarfs, die Reduzierung des verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes in Greifswald sowie die Schaffung eines flexiblen Mobilitätsangebots für Anwohner und Besucher. Kritisch ist hierbei, dass die Ziele im Widerspruch zueinander stehen: Ein außerordentliches Angebot an Leihfahrzeugen könnte wegen seiner Attraktivität beispielsweise zu einer Abnahme des Radverkehrsanteils bei der Verkehrsmittelwahl zur Folge haben. Bei der Erarbeitung eines neuen Konzeptes ist dementsprechend auf diese Zielkonflikte zu achten.
Zu den Vorschlägen im Einzelnen
Duale Fahrzeugnutzung: Der größte Vorteil der Doppelnutzung liegt in der Einsparung von Anschaffungskosten für die Fahrzeuge. Das System funktioniert, weil die private Nutzung von Fahrzeugen durch CarSharing vornehmlich außerhalb von Geschäftszeiten stattfindet. Bereits im Integrierten Klimaschutzkonzept [2; 2010] wird die Stadt Münster als Beispiel für diese Art der Nutzung beschrieben. Dort werden beispielsweise am Stadthaus mehrere Fahrzeuge täglich bis 17 Uhr exklusiv für Mitarbeiter der Stadtverwaltung reserviert. Anschließend können alle CarSharing-Nutzer auf die Fahrzeuge zugreifen. Die Stadt Münster konnte durch ihr CarSharing-System mehrere sonst vorgehaltene Dienstfahrzeuge abschaffen und dadurch jährlich 370.000 Euro sparen [8].
Fahrzeugklassen: Greifswalder CarSharing-Nutzer beklagen, dass nur Klein- und Kleinstwagen zur Verfügung stehen, die den Transport größerer Ladungen nicht zulassen. Ein Kerngedanke von CarSharing ist jedoch, dass sich Nutzer ein für den jeweiligen Zweck passendes Fahrzeug leihen können. Dadurch können im Regelfall verbrauchsarme Fahrzeuge bewegt werden. Fehlt die Möglichkeit Fahrzeuge mit größerem Ladevolumen zu leihen, setzt dies einen Anreiz einen größeren privaten PKW anzuschaffen.
Elektromobilität: Fahrzeuge mit Elektroantrieb sind hilfreich bei der Erreichung des CO2-Flottenziels. Die Einbindung von Elektroautos in das CarSharing Angebot bietet darüber hinaus jedoch weitere Entwicklungschancen, wenn eine entsprechende Tankstelleninfrastruktur geschaffen wird und Nutzer die Möglichkeit haben, über das CarSharing Erfahrungen mit Elektromobilität zu machen. Die Ladesäulen sollten dementsprechend auch für private Nutzer zugänglich sein. Das CarSharing-Angebot soll in diesem Sinne helfen, das Dilemma zwischen Angebot und Nachfrage im Bereich der Elektromobilität und deren Infrastruktur aufzulösen. Gut sichtbare Stellplätze für CarSharing-Fahrzeuge und Ladesäulen sind hierbei die beste Öffentlichkeitsarbeit für beide Projekte. Ein entsprechendes Projekt am Markplatz ist dementsprechend einzuplanen.
Standorte: Zentrumsnahe CarSharing-Stationen sollten um solche ergänzt werden, die in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte liegen. Hier ist vermutlich auch eine weitere Kooperation mit der WVG sowie der GPG erforderlich, um entsprechende Stellplätze zu reservieren. Auch Stationen in der Nähe von Verkehrsschnittstellen (z.B. Bahnhof) oder Einkaufszentren stellen eine sinnvolle Ergänzung dar.
Tarife: Für Gelegenheitsnutzer sind CarSharing-Angebot mit Anmelde- und Grundgebühren nicht attraktiv. Für verschiedene Nutzergruppen sollten daher unterschiedliche Preismodelle und Erprobungsphasen gestaltet werden. In Münster gibt es beispielsweise seit kurzem auch Tarife ohne Anmelde- oder Monatsgebühren. Die Tarifstruktur sollte keine starke Konkurrenz zu Fahrten mit den Stadtbussen oder dem Fahrrad entstehen lassen. Dies könnte beispielsweise durch eine Kombination von CarSharing-Tarifen mit ÖPNV-Dauerkarten erreicht werden. Weiterhin sollten Anreize zur Werbung von Mitgliedern geschaffen werden.
Buchungs- und Belegungssystem: In der Vergangenheit ließ das Buchungssystem keine einfache Planung von Fahrten zu. Die Verfügbarkeit der Fahrzeuge wurde erst angezeigt, wenn man eine konkrete Buchung vornehmen wollte. Dieser Mangel muss abgestellt und durch einen Belegungsplan ersetzt werden. Wünschenswert wäre eine App, die CarSharing-Standorte markiert und deren Verfügbarkeit anzeigt.
Kooperation mit Umlandgemeinden: Die Kooperation mit Umlandgemeinden könnte Defizite des ÖPNV abfedern, sollte aber wiederum nicht zu seinen Lasten gehen. Eine Verbindung mit der Hansestadt Stralsund könnte vor allem für Personen interessant sein, die zu Arbeitszwecken dorthin pendeln. In diesem Fall würden die Fahrzeuge vermutlich tagsüber am Arbeitsort für weitere Nutzer zur Verfügung stehen, während sie abends oder am Wochenende am Wohnort einen Standplatz haben.
Marketingkonzept: Die aktuell mangelhafte Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das Greifswalder CarSharing kann als Ursache für die bislang geringe Resonanz gesehen werden. Auf der neu gestalteten Internetseite der UHGW gibt es keine Informationen zum CarSharing. Die Seite der Stadtwerke enthielt lange Zeit mitunter fehlerhafte Informationen und verweist gegenwärtig lediglich auf den Partner Drive CarSharing ohne spezifischen Bezug zu Greifswald. Künftig sollte offensiv auf das CarSharing-Angebot hingewiesen werden – auch hier bietet sich eine Verknüpfung mit den Stadtwerken und der WVG an. Denkbar wäre auch eine Kombination der Umzugsprämie mit einem Gutschein für das CarSharing-Angebot.
Privates CarSharing: Neben dem kommerziellen CarSharing kann auch ein privates CarSharing unterstütz werden. Privates CarSharing kann einerseits die Gründung einer festen Gruppe sein, die ein Fahrzeug gemeinsam verwalten, es kann aber auch der Verleih an einen offenen Personenkreis bedacht werden. In beiden Fällen existieren private Halter der Fahrzeuge, die einen erhöhten Beratungsbedarf im Hinblick auf Versicherung und Organisation haben. Es sollte geprüft werden, ob Beratungsangebote geschaffen werden können, die privates CarSharing fördern.
Evaluation: Im Rahmen der Befragung „Soziale Stadt mobil gemacht“ [3] hatten 2012 37 Prozent der befragten Haushalte ein prinzipielles Interesse an CarSharing bekundet, 24 Prozent konnten sich ihre Beteiligung gut vorstellen und 13 Prozent gaben an “auf jeden Fall” dabei zu sein. Die aktuellen Nutzerzahlen des CarSharings in Greifswald spiegeln diese Ergebnisse nicht wieder. Wünschenswert wäre es, beispielsweise in Kooperation mit der Universität Greifswald, die damalige Stichprobe erneut zu befragen, um zu erfahren, weshalb das damalige Interesse nicht in ein Nutzungsverhalten umgesetzt wurde. Für das aktuelle und künftige CarSharing in Greifswald sollten unbedingt Kundenbefragungen etabliert werden, um das System besser an die Wünsche der Nutzer anpassen zu können. Weiterhin sollte der Erfolg des CarSharings regelmäßig auch im Hinblick auf die messbaren Ziele (Reduktion des fließenden und stehenden Verkehrs, Verringerung des Schafstoffausstoßes, Modal Split) überprüft werden.
Lastenräder: Kraftfahrzeuge werden in Greifswald vielfach nur genutzt um an wenigen Tagen in der Woche größere Ladungen zu transportieren („Wochenendeinkauf“). Der Verleih von Lastenrädern könnte dem Vorhalten von Kraftfahrzeugen zu diesem Zweck ein attraktives Angebot entgegensetzen. Es sollte daher geprüft werden, ob der Aufbau eines Leihlastenradsystems komplementär zum Angebot von Autos möglich ist. Ein attraktiver Standort hierfür könnte die geplante Radstation am Bahnhof sein.
[1] Lärmaktionsplan (2014) S. 49
[2] Integriertes Klimaschutzkonzept (2010) S. 133 (Langfassung) [3] Kombiniert Mobil (2015) S. 28 [4] Endbericht zum Leitbild der UHGW (2010) S. 35 [5] Kleine Anfrage zum CarSharing (2015) [6] Ostsee Zeitung vom 04.01.2016, S. 9 [7] Modal Split 2014 [8] Kommunaler Klimaschutz in Greifswald – Analyse des Mobilitätsverhaltens der städtischen Verwaltung (Bachelorarbeit Marius Trautmann, 2012)