Beschlussvorlage der Verwaltung - 06/792

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald beschließt:

 

Nach § 27 Absatz 22 Satz 3 UStG erklärt die Universitäts- und Hansestadt Greifswald gegenüber dem zuständigen Finanzamt Rostock, dass sie § 2 Absatz 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31.12.2016 und vor dem 31.12.2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet. (Optionserklärung)

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Sachdarstellung

Mit dem Steueränderungsgesetz 2015 wurde mit Wirkung ab dem 01.01.2016 die Umsatzbe-steuerung der öffentlichen Hand neu geregelt. Der bisherige § 2 Abs. 3 UStG wurde gestrichen und stattdessen ein neuer § 2 b UStG eingeführt. Damit reagiert der Gesetzgeber auf die Abweichung der bisherigen Umsatzbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) von europarechtlichen Vorgaben.

 

Nach derzeit geltendem Recht sind juristische Personen des öffentlichen Rechts gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG sowie ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig.

Der neue § 2 b UStG hat unter anderem zur Folge, dass zahlreiche und wesentliche Besteuerungsprivilegien der öffentlichen Hand aufgehoben werden. Das bedeutet eine deutliche Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht. Die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft wird nach der Neuregelung losgelöst vom ertragsteuerlichen Begriff des „Betriebes gewerblicher Art“ betrachtet. Insbesondere entfällt zukünftig die generelle Nichtbesteuerung der Umsätze aus der Vermögensverwaltung.

 

Die Handlungsform auf Grundlage des Privatrechts ist nach der Neuregelung stets unternehmerisch und regelmäßig der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG für einzelne Tätigkeiten ist zu prüfen. Nach der neuen Rechtslage sind juristische Personen des öffentlichen Rechts nur dann nicht als Unternehmer anzusehen, wenn sie auf öffentlich-rechtlicher Grundlage tätig sind und gleichzeitig die Nichtbesteuerung nicht zu „größeren Wettbewerbsverzerrungen“ führt. Dies betrifft Bereiche, für die eine juristische Person des öffentlichen Rechts kein Monopol besitzt.

 

Wann größere Wettbewerbsverzerrungen nicht vorliegen, regelt § 2 b Abs. 2 UStG. Danach liegen insbesondere größere Wettbewerbsverzerrungen nicht vor, wenn

 

-          der von der jPdöR im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraussichtlich 17.500 EUR jeweils nicht übersteigen wird oder

 

-          vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen ohne Recht auf Verzicht einer Steuerbefreiung unterliegen.

 

Der neue § 2 b UStG enthält eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe, die durch die Finanzverwaltung in einem angekündigten BMF-Schreiben erläutert werden soll. Dieses Schreiben liegt jetzt lediglich als Entwurf vor. Hier sind leider praktische Fälle nicht katalogartig aufgeführt. Es ist zu hoffen, dass das Bundesministerium für Finanzen durch Stellungnahmen und Meinungsäußerungen die endgültige Fassung praxisnaher ausgestalten wird. Das BMF-Schreiben wird voraussichtlich erst im Januar 2017 veröffentlicht.

 

Die Änderung der Umsatzbesteuerung führt zu einem grundlegenden Systemwechsel, dessen Auswirkungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend bewertet werden können. Deshalb hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer bis zu fünfjährigen Übergangszeit vorgesehen (2015 -2020).

 

Die jPdöR haben bis zum 31.12.2016 die Wahl, ob sie bereits zum 01.01.2017 die neuen Regelungen des § 2 b UStG anwenden möchten oder bis spätestens zum 31.12.2020 die bisherige Rechtslage weiterhin in Anspruch nehmen möchten (Optionserklärung).

 

Diese Optionserklärung kann innerhalb des Zeitraumes einmalig widerrufen werden. Der Widerruf wirkt zu Beginn eines vollen Kalenderjahres und kann auch rückwirkend berücksichtigt werden. Das ermöglicht der UHGW, bis Ende 2017 mit der gebotenen Gründlichkeit zu untersuchen, welcher Weg der richtige ist. Ein Wechsel zur alten Rechtslage ist nach Widerruf nicht mehr möglich.

 

Die Option ist für die jPdöR nur insgesamt zu erklären. Eine Beschränkung auf einzelne Organisationseinheiten ist nicht möglich. Zur jPdöR zugehörig sind auch die Eigen- und Regiebetriebe. Kommunalunternehmen erklären für sich.

 

Es ist eine Analyse der gesamten Tätigkeiten der UHGW notwendig. Die unter die gesetzliche Neuregelung fallenden Tätigkeiten der UHGW müssen zunächst identifiziert und die sich daraus ergebenden Auswirkungen geprüft werden. Alle Vertrags- und Leistungsbeziehungen der Stadt müssen in Zusammenarbeit mit den Fachämtern überprüft werden.

 

 

Verträge müssen hinsichtlich des § 2 b UStG überarbeitet werden. Mitarbeiter müssen geschult werden, da die Umsatzbesteuerung in alle Bereiche der Verwaltung, auch vermögensverwaltende Einheiten und hoheitlich tätige Einheiten, eingreift. Die Sensibilität für steuerliche Fragestellungen müssen geschaffen werden. Das Haushalts- und Rechnungswesen muss angepasst werden.

Dies ist bis zum 31.12.2016 nicht realisierbar.

 

Die Abgabe der Optionserklärung empfiehlt sich unbedingt, wenn noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die gesetzliche Neuregelung günstiger ist, da der Widerruf auch rückwirkend möglich ist. Eine Überprüfung sollte im Hinblick auf künftige Investitionen jährlich vorgenommen werden.

 

Die Option nicht zu wählen, wäre eine unumkehrbare Entscheidung.

 

Beispiel:

 

Das Parken am Straßenrand (Parkscheinautomaten) ist Ausübung öffentlicher Gewalt, soweit im Rahmen der Straßenverkehrsordnung durchgeführt. Die UHGW handelt damit nicht als Unternehmer. Es handelt sich um eine Maßnahme zur Regelung des ruhenden Verkehrs im Rahmen der StVO. Dieses hoheitliche Handeln begründet derzeit keinen Betrieb gewerblicher Art und ist damit umsatzsteuerlich nicht relevant.

 

Nach Auslegung der Neuregelung im § 2 b UStG handelt es sich nach wie vor um öffentlich-rechtliches Handeln, hier ist aber die Wettbewerbsverzerrung zu betrachten. Wettbewerbsverzerrung liegt vor, da der Umsatz 17.500 EUR übersteigt. Insbesondere wird auch auf die Gleichartigkeit der Tätigkeit abgestellt, also alle Parkplätze, egal ob Stellplatz oder Parkhaus. Zukünftig ist hier voraussichtlich die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % abzuführen. Vorsteuerbeträge sind eventuell zu generieren, wenn die Straßen mit Parkflächen saniert werden. Eine Aufteilung der Straße in Park- und Verkehrsfläche dürfte sich allerdings schwierig gestalten.

 

Das Argument, die UHGW könne aus den geplanten Investitionen die Vorsteuern geltend machen und Liquiditätsvorteile haben, müssen sehr differenziert betrachtet werden.

 

Bei der Abwasserentsorgung, Schulen und Infrastruktur wird es wie bisher keine Umsatzbesteuerung geben.

 

Andererseits werden Investitionen, z. B. bei Sporthallen oder dem Volksstadion, bei der Umsatzsteuer berücksichtigt, da diese bereits  nach der Alt-Regelung als Betrieb gewerblicher Art geführt werden.

 

Für die Investition Zentrum für Life Science und Plasmatechnologie hat die Neuregelung für die geplante Betreibung keine Relevanz. Hier ist die Option nach § 9 UStG zu prüfen. 

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Anlagen

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Beschlüsse

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17.10.2016 - Ausschuss für Finanzen, Liegenschaften und Beteiligungen - vertagt

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01.11.2016 - Hauptausschuss (HA) - auf TO der BS gesetzt

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10.11.2016 - Bürgerschaft (BS) - mehrheitlich