Informationsvorlage - IV/07/0062

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Beratungsfolge

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Sachdarstellung

  1. In welcher juristisch sicheren Form ist es möglich, ein Rauchverbot direkt vor dem Eingangsbereich und an anderen (öffentlichen) Bereichen vor Schulen, Sportstätten und
    öffentlichen Jugendfreizeiteinrichtungen durchzusetzen?

 

Vorbemerkung

Aufgrund der Vielzahl der Objekte und dem damit verbundenen Aufwand, erfolgte, wie im Ausschuss für Bauwesen, Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Nachhaltigkeit vom 28.09.2021 abgestimmt, zunächst eine Überprüfung hinsichtlich der Grundschulen der UHGW. Dies sind Folgende:

 

1. Martin-Andersen-Nexö-Grundschule, Warschauer Straße 16

2. Grundschule Greif, Max-Planck Straße 8

3. Erich-Weinert-Grundschule, Makarenkostraße 53

4. Käthe-Kollwitz-Grundschule, Knopfstraße 25/26

5. Karl-Krull-Grundschule, Bleichstraße 36.

 

Im Weiteren ist voranzustellen, dass das Rauchen eine der größten Gesundheitsgefahren unserer Gesellschaft ist. Zudem schaden Raucher*innen nicht nur sich selbst, sondern schädigen auch andere. So ergibt sich bereits aus den Freiheitsrechten des Art. 2 Abs. 1 und 2 Grundgesetz (GG) ein grundsätzliches Spannungsverhältnis, das sich bei der Entscheidung staatlicher Rauchverbote eine sorgfältige Abwägung des Rechts auf freie Persönlichkeitsentfaltung des Art. 2 Abs. 1 GG und damit des selbstbestimmten freiheitlichen Handelns gegenüber dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Art. 2 Abs. 2 GG erforderlich macht.

 

a) Bundesgesetzliche Regelung

Der Bund besitzt für den Nichtraucherschutz keine umfassende Gesetzgebungskompetenz. Bundesgesetzlich regelt das Bundesnichtraucherschutzgesetz (BNichtrSchG - in Kraft getreten am 01.09.2007) das Rauchverbot in Einrichtungen des Bundes und öffentlichen Verkehrsmitteln. Dazu gehören Behörden, Dienststellen, Gerichte und sonstige öffentliche Einrichtungen des Bundes sowie in den Einrichtungen von Verfassungsorganen des Bundes (z. B. Bundestag, Bundesrat, Bundespräsidialamt, Bundesministerien und Bundesverfassungsgericht). Eine Kompetenz zur Regelung des Rauchverbots an kommunalen Schulen besteht für den Bund nicht.

 

b) Landesrechtliche Regelung Mecklenburg-Vorpommern

aa) Nichtraucherschutzgesetz M-V

Am 01.08.2007 trat das Nichtraucherschutzgesetzt M-V in Kraft. Danach ist unter anderem in dem Schulgebäude und auf dem Schulhof das Rauchen verboten (§ 1 Abs. 1 Nr. 2). Gleiches gilt für Einrichtungen nach § 45 SGB VIII und für Sportstätten nach § 6 SportförderG (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 und 7 NichtraucherschutzG MV).

 

Eine gesetzliche Regelung zum Rauchverbot für den Bereich direkt vor dem Schulgelände, Sportstätten pp. (Eingangsbereich) ergibt sich daraus nicht.

 

 

 

bb) Straßen- und Wegegesetz M-V

Entsprechend einer Stellungnahme des Tiefbau- und Grünflächenamts vom 13.12.2021 handelt es sich bei den vorgelagerten Eingangsbereichen zu diesen Schulen um alte Straßen- und Gehwegbereiche mit öffentlichem Charakter.

 

„Sie wurden durch die Art des Gebrauchs zu DDR – Zeiten gewidmet. Mit Inkrafttreten des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Mecklenburg- Vorpommern vom 13. Januar 1993 wurden diese Flächen nach § 62 – vorhandene öffentliche Straßen – des Gesetzes zu einer öffentlich – rechtlichen Straße bestimmt (1): Alle Straßen, die nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzen, bleiben öffentliche Straßen im Sinne dieses Gesetzes. Hierunter fallen die jeweils öffentlichen Bereiche Knopfstraße (zwei Eingangsbereiche) und der Eingangsbereich Brüggstraße – diese gab es schon zu DDR – Zeiten. Ebenso die Straße und Gehwegbereich an den sechs Haupteingangsbereichen Nexö-Schule, fünf Eingangsbereiche öffentliche Gehwege zur Krullschule, die Eingangsbereiche öffentliche Straße Max- Planck und Kurtschatowweg zur Greifschule und Sporthalle und an der Weinertschule die öffentlichen Gehwegsflächen. Die öffentlich gewidmete Verkehrsfläche Makarenkostraße 53 endet an der Grundstücksgrenze Haupteingang, hinter der Grundstücksgrenze beginnt das Schulgrundstück.“

 

Vorliegend handelt es sich demnach um öffentliche Straßen und eingeschlossene Geh- und Radwege. Diese Straßen und Wege dienen dem Gemeingebrauch gemäß § 21 Abs. 1 StrWG MV. Dieser Gemeingebrauch kann grundsätzlich durch landes- und bundesgesetzliche Regelungen eingeschränkt werden (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 bzw. Nr. 22 GG). Eine derartige gesetzliche Regelung besteht derzeit jedoch nicht.

 

Insofern ist weder eine bundesrechtliche, noch eine landesrechtliche Regelung gegeben.

 

c) Kommunales Satzungsrecht

aa) Allgemeine Regelung -  Gefahrenabwehrverordnung

Insofern käme allenfalls eine kommunale Regelung zur Gefahrenabwehr in Betracht. Gefahrenabwehrverordnungen dienen der Abwehr von abstrakten Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Eine Gemeinde, die sich dieses rechtlichen Mittels bedient, muss daher eine entsprechende abstrakte Gefahrenlage nachweisen. Dass dies allgemein für ein gesamtes Gemeindegebiet gelingt, darf bezweifelt werden. Außerhalb geschlossener Räume beeinträchtigt das Rauchen nicht ohne Weiteres die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit. Vielmehr wird der jeweilige Einzelfall unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu betrachten sein. Im Wege der Gefahrenabwehrverordnung sind daher eher singuläre Rauchverbote, etwa bei starker Frequentierung von Kindern denkbar.

 

Ein generelles kommunales Rauchverbot vor Schulen mittels Satzung oder durch entsprechende Ausgestaltung der straßenrechtlichen Widmung ist daher grundsätzlich nicht möglich. Entsprechende Regelungen überdehnten den Kompetenzbereich der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG. Den Gemeinden obliegt es nicht, allgemeinpolitische Ziele zu verfolgen. Ein generelles Rauchverbot an öffentlich gewidmeten Straßen vor Schulen wäre ein solches allgemeinpolitisches Ziel.

 

bb) Einzelfallbezogene Satzung

Eine auf den Einzelfall bezogene Satzung hingegen, die auch mehrere Schulen betreffen kann, wäre ausnahmsweise möglich. Durch den Schulträger wurde zunächst die konkrete Gefahrenlage (hier Gefährdung der Gesundheit) für jedes einzelne Schulobjekt erfragt.

Dies stellt sich im Detail wie folgt dar:

 

Für die drei Grundschulen (Grundschule Greif, Käthe-Kollwitz-Grundschule und Karl-Krull-Grundschule) wurde erklärt, dass diesbezüglich keine Beschwerden hinsichtlich des Rauchens vor den Eingangsbereichen vorliegen.

 

Hinsichtlich der Nexö-Grundschule Greifswald - Warschauer Straße 16 - wurde durch die Schulleiterin erklärt, dass am Zauneingang Warschauer Straße und zum Netto-Parkplatz (Anlage 1 – Lageplan und dort bezeichnete Zugänge 1 und 2) ständig rauchende Eltern zu verzeichnen seien und insoweit ein „Verbot sehr wünschenswert“ sei. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass täglich rauchende Eltern und Jugendliche vor, während und nach der Schulzeit zu verzeichnen seien. Auch habe es diesbezügliche Beschwerden gegeben. Der Eingangsbereich – Anlage 1, Lageplan mit Nr. 1 bezeichnet -  liegt auf dem Gehwegbereich der Warschauer Straße, der als Nebeneingang (insbesondere auch zum Abstellen der Fahrräder) genutzt wird. Der Eingangsbereich Nr. 2, der ebenfalls als Nebeneingang benutzt wird, liegt auf einem privaten Grundstück (Netto-Parkplatz). Hinsichtlich des Nebeneingangs Nr. 5 –Ausgang Förderschule - erfolgte die Angabe, dass dort rauchende Jugendliche zu verzeichnen seien.

 

Bei der Abwägung zum Erlass einer einzelfallbezogenen Satzung ist zu berücksichtigen, dass konkrete Gesundheitseinschränkungen- und -gefährdungen nicht benannt wurden. Insofern handelt es sich damit eher um Belästigungen. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, statt der Nebeneingänge Nr. 1 und 2 den Haupteingang in der Warschauer Straße 16 (Anlage 1, Lageplan als Nr. 3 gekennzeichnet) zu nutzen. Dieser Zugangsbereich gehört zum Schulgelände. Für diesen gilt gemäß 1 b) aa) das Nichtraucherschutzgesetz MV. Dieses ist durch die Schulleiterin im Rahmen des Hausrechts durchzusetzen. Sämtliche Eingangsbereiche wurden bereits mit Nichtraucherschildern gekennzeichnet. Auf dem privaten Grundstück (Anlage 1, Lageplan Nr. 2) kann ohnehin keine satzungsrechtliche Regelung erfolgen.

 

Hinsichtlich der Weinert-Grundschule Greifswald – Makarenkostraße 53 - wurde durch den Schulträger erklärt, dass im Haupteingangsbereich und dem weiteren Eingangsbereich, die jeweils dem Rad- und Fußweg der Makarenkostraße anliegen (Anlage 2, Lageplan Nr. 1 und 2) lediglich einmal wöchentlich am Morgen vor und während der ersten Stunde rauchende Eltern festgestellt wurden. In den letzten zwei Jahren gab es bei der Schulleitung jedoch keine Beschwerden bezüglich des Rauchens an oder auf dem Schulgelände, davor lediglich vereinzelte Beschwerden. Im Rahmen der Abwägung ist demnach allenfalls eine geringfügige Belästigung zu verzeichnen. Dies ist keinesfalls als gesundheitsschädigend einzuschätzen, so dass ein öffentlich-rechtlicher Eingriff nicht angezeigt ist.

 

d) Resümee

Grundsätzlich ist zwar eine satzungsrechtliche Regelung der Universitäts- und Hansestadt Greifswald hinsichtlich des Rauchverbots für jede einzelne Schule vor dem Eingangsbereich möglich. Dies setzt allerdings eine konkrete Gefährdungssituation voraus. Aufgrund der vorliegenden konkreten Feststellungen hinsichtlich der einzelnen Schulen ist derzeit jedoch der Erlass einer derartigen Satzung nicht angezeigt. So ist eine bloße Belästigung durch gelegentliches Rauchen im Bereich vor den Schulen nicht ausreichend, um ein generelles Verbot durch Satzung zu erlassen. Zwar kommt es in der Nexö-Schule zu häufigerem Kontakt zwischen Raucher*innen und Schüler*innen. Hier besteht jedoch keine so starre bauliche Einschränkung, dass nicht den Raucher*innenn ausgewichen werden kann.

Im Bereich der Weinert-Schule ist die bauliche Gegebenheit zwar eingeschränkt, hier ist aber die Häufigkeit des Begegnungsverkehrs als nicht so gravierend zu betrachten (einmal wöchentlich).

 

Daher sollten zunächst weiterhin die Gegebenheiten beobachtet werden und zur Abmilderung des Rauches vor den Eingangsbereichen mit Schildern auf das Verbot unmittelbar am Eingangsbereich hingewiesen werden. Auf der Grundstücksgrenze am Haupteingang der Nexö-Grundschule (Anlage 1, Lageplan Nr. 3) könnte insofern noch eine weitere Beschilderung erfolgen. Darüber hinaus sollte die jeweilige Schule selbst aktiv tätig werden, d. h., mit den Eltern ins Gespräch kommen und insbesondere in Elternversammlungen pp. auf die Problematik hinweisen.

 

  1. Auf welcher Grundlage können gut sichtbare Beschilderungen zum Rauchverbot angebracht werden?

 

Im Rahmen des Hausrechts ist eine weitere Beschilderung, wie unter 1 d) aufgezeigt, hinsichtlich der Nexö-Grundschule Greifswald auf der Grundstücksgrenze möglich.

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Anlagen

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Beschlüsse

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17.08.2022 - Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus, Digitalisierung und öffentliche Ordnung (WA) - zur Kenntnis genommen

Erweitern

17.08.2022 - Ausschuss für Bildung, Kultur, Universität, internationale Beziehungen und Wissenschaft (BiA) - zur Kenntnis genommen